
Trinkgeld wird häufig so beiläufig behandelt wie es bezahlt wird. Was genau Trinkgeld ist, lässt sich nicht mal mit einem präzisen Rechtsbegriff fixieren, sondern gleicht eher einer „sittlichen Vereinbarung“, wie es der Historiker Winfried Speitkamp bezeichnet, der mit seinem kleinen Bändchen Der Rest ist für Sie! eine der sehr wenigen deutschen wissenschaftlichen Publikationen zur Geschichte des Trinkgelds vorgelegt hat. Dabei ist das Zahlen von Trinkgeld alles andere als eine Kleinigkeit: 10 Prozent auf jede trinkgeldfähige Transaktion, im Restaurant oder beim Taxifahren, zumindest in Deutschland; in den USA ist bekanntlich gar das Doppelte üblich, etwa 20 Prozent. Volkswirtschaftlich betrachtet kommen dort also erstaunliche Summen zusammen – in deutschen Restaurants allein mehr als 2 Milliarden Euro pro Jahr –, die aber in Deutschland kaum reguliert, und vor allem nicht versteuert werden müssen.
Im Kontext des Digitalen hat sich die Eigenart der beiläufigen, fast versteckten Mikrozahlung verschoben. Werden digitale Technologien dem Trinkgeld oder seinem Rückgang Momentum geben? Dieser Frage gehen wir in der zweiten Episode unserer Staffel zu Mikrozahlungen nach.
Gäste
Sascha Hoffmann ist Professor für Betriebswirtschaftslehre und Online-Management. Einer seiner Forschungsschwerpunkte liegt auf Digitalem Produktmanagement. Er hat 2021 eine empirische Studie veröffentlicht, in der er den Zusammenhang von kleineren Geschenken im Restaurant mit größeren Gegengaben (d.h. Trinkgeld) offenlegt.
Katrin Lindow-Schröder ist Referentin für Fundraising bei der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Sie hat dabei mitgewirkt, digitale Bezahloptionen in der Landeskirchengemeinde einzuführen.
Weiterführendes
Den im Podcast zitierten Beitrag zu Ubers „No-Tip-Policy“ kann man hier lesen. Die Studien von den beiden Marketingforschern Hansen/Warren lassen sich hier anlesen, ebenso die Studie von Jägermeister Mast. Die „Schweizer Diskussion“ ums Trinkgeld lässt sich in diesem NZZ-Beitrag tiefergehend nachvollziehen.