
Die Digitalisierung ist genauso wie unser Wirtschaftsmodell auf Wachstum ausgerichtet. In welchem Umfang wächst aber der Ressourcenverbrauch der Digitalität, wenn immer mehr Dinge immer schneller verfügbar sein müssen? Dass Digitalität überhaupt nicht „immateriell“ ist, wird schnell klar, wenn man an die vielen Rohstoffe denkt, die wir für sie einsetzen. Und der Bedarf wird immer größer. In Europa und Deutschland nehmen wir die luxuriöse Hardware des Digitalen meist kaum wahr. Zum öffentlichen Thema werden Rohstoffe hier meist erst dann, wenn sie nicht in gewohnter Weise verfügbar sind. Für uns zählt vor allem die immer leistungsstärkere Technik, die wir konsumieren oder als selbstverständlichen Teil unserer Umgebung voraussetzen. Man ist gewohnt, regelmäßig neue Geräte anzuschaffen, weil die alten mit den Nachfolgermodellen nicht mehr mithalten können. Vermeintlich „Veraltetes“, das weiterbenutzt oder zumindest recycelt werden könnte, verschwindet dann oft in einer Schublade oder einfach im Müll.
Die Ressourcen für neue Smartphones und Laptops – vor allem Metalle – werden allerdings in der Regel anderswo in der Welt mit großem Aufwand abgebaut. Oder schlecht bezahlte Arbeitskräfte gewinnen sie aus schrottreifen Geräten zurück, unter Umständen mit Methoden, die Natur und Menschen großen Schaden zufügen. Industrienationen wie Deutschland bringen erst in der letzten Zeit vermehrt eigene, effiziente Recyclingpraktiken für eWaste voran. Diese Vorhaben sind komplex. Sie versprechen Wege in eine ökologisch nachhaltigere Digitalität, reagieren aber auch auf geopolitische Entwicklungen. Und ob sie ihre Ziele – weniger Abhängigkeit und mehr Nachhaltigkeit – erreichen, hängt nicht nur vom technischen Fortschritt im Bereich des professionellen Recyclings ab.
Mathias Schluep ist Geschäftsführer des World Resources Forum und Experte für ökologische Nachhaltigkeit im Ressourcenkreislauf. Im Digitalgespräch erklärt der Umweltingenieur, an welchen Stellen unser Umgang mit Ressourcen für die Digitalität Schäden an der Umwelt und der Gesundheit von Menschen verursacht, beschreibt Orte und Strukturen, die davon betroffen sind und wie internationale Projekte und Kooperationen gegen diese Probleme vorgehen. Er beschreibt, welche Möglichkeiten für Recycling existieren und wie gut sie umgesetzt werden. Mit den Gastgeberinnen Marlene Görger und Petra Gehring diskutiert Schluep politische Motivationen für einen nachhaltigen Umgang mit wertvollen Ressourcen und auch, welche Rolle – und Macht! – Konsument:innen in dieser Frage haben.
Weitere Informationen:
Link zur Webseite des World Resources Forum: https://www.wrforum.org/organisation/
Link zu einer Dokumentation des SRF mit Mathias Schluep zur ehemaligen Elektroschrotthalde Agbogbloshie in Ghana: https://www.youtube.com/watch?v=4DFjA2Y1RXU