Maut – Digitales Bezahlen im Ausland
Ein Beitrag von Laura Grosser
26. August 2024
Sommerzeit ist Reisezeit – und das nicht nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus, Bahn und Flugzeug, sondern häufig mit eigener oder gemieteter Motorisierung. Ob mit dem eigenen PKW (mit oder ohne Wohnwagen), Camper oder Motorrad, viele legen gerade in den Sommermonaten im In- und Ausland weite Strecken zurück in Gegenden, die sie für gewöhnlich nicht durchqueren. Dabei ist man nicht immer gebührenfrei auf den Straßen unterwegs: In bestimmten Autobahnabschnitten und Durchgangsstraßen, über manche Brücken und Pässe oder in gewissen Stadtteilen werden Mautgebühren verlangt. In insgesamt 24 Ländern Europas gibt es streckenabhängige Mauten, Vignettenpflicht und/ oder Sondermauten für Tunnel, Pässe oder Brücken. Das ist nichts Neues, übersichtlich kann man sich beispielsweise auf der Seite des ADAC informieren – und auch viele (digitale) Ländervignetten kaufen.1https://www.adac.de/reise-freizeit/maut-vignette/
Doch von Sommerurlaub zu Sommerurlaub fiel mir auf, dass sich die Bezahlweisen dieser Straßengebühren ändern. Mit Personal ausgestattete Mautstellen sieht man immer seltener, viele Mauthäuschen bleiben dauerhaft geschlossen. An manchen Stellen ist es unmöglich, die Gebühren bar zu entrichten. An anderen sind nur zwei von zehn dieser Stellen darauf ausgerichtet, lange Schlangen bilden sich vor ihnen. Den Nummernschildern entnehme ich, dass es vor allem Urlauber sind, die sich hier einreihen. Ob sie wohl auf Nummer sicher gehen wollen, dass der Bezahlvorgang funktioniert? Oder sehen sie sich lieber einem menschlichen Ansprechpartner gegenüber? Ein anderer Grund mag sein, dass sie nicht mehr Daten als nötig von sich übermitteln möchten. Alle anderen Bezahlmöglichkeiten sind maschinengestützt – mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen.
Die Vignette
Die Vignette ist die datenfreie Variante. Man klebt sie ans Auto, egal ob Privat- oder Mietwagen, es gibt keine Registrierung des Kennzeichens, keinen Vertrag. An Raststätten lässt sich gar bar bezahlen. Erst durch ihre Bestellung im Internet oder Kartenzahlung fallen Daten an. Allerdings wird sie mehr und mehr von ihrer digitalen Version abgelöst: die E-Vignette ist elektronisch mit dem Kennzeichen verknüpft. In der Schweiz kann man seit Februar 2024 so auch übers Internet direkt eine Vignette lösen, mit vorab 1,6 Millionen verkauften zeigt sich ein starker Trend.2https://www.blick.ch/wirtschaft/stichtag-am-1-februar-bereits-1-6-millionen-e-vignetten-im-umlauf-das-musst-du-wissen-id19372835.html
Die EC- oder Kreditkarte am Schalter
An Mautstellen wird gerade von Reisenden aus dem Ausland die Möglichkeit, mit EC- oder Kreditkarte zu bezahlen, nach der Barzahlung am häufigsten genutzt, wie ich der Einreihung in Schlangen vor Mautstellen beispielsweise in Frankreich entnehme. Wie bei jeder Kartenzahlung werden dadurch Daten generiert und übertragen, sodass nachverfolgbar ist, mit wessen Karte wann wo welcher Betrag gezahlt wurde. Welches spezifische Auto die Mautstrecke passiert, wird nicht registriert, nur Gewicht und Größe spielen für die Erhebung der Höhe der Maut eine Rolle. Von Vorteil ist das schnellere Prozedere. Bargeld in der jeweiligen Landeswährung muss nicht mit sich geführt werden, die Abbuchungen können auf dem eigenen Konto kontrolliert werden. Wird die Karte aber nicht angenommen, steht man vor einem Problem: wie aus der Schlange herauskommen und wen um Hilfe bitten?
Die Mautbox
Hat man eine Mautbox im Auto, die lediglich zur Erkennung gescannt wird, geht es noch schneller. Die Schranke öffnet sich bereits beim Anrollen. Und ebenso automatisiert werden die Gebühren abgebucht. Die Schnelligkeit der Durchfahrt wird allerdings auch mit Daten bezahlt: Es gibt eine Aufstellung, wo man wann auf Mautstrecken gefahren ist, das Kennzeichen des eigenen Fahrzeugs oder von mehreren, auch Mietwagen, werden registriert, und man muss seine Mailadresse, Kontodaten und Anschrift zur Versendung der Mautbox angeben. Zudem muss ein sich automatisch verlängernder Jahresvertrag abgeschlossen werden. Mautboxzwang gibt es für reisende Urlauber in kleinen Fahrzeugen nirgends, es bleibt eine Option (anders für LKW oder vergleichbar große Urlaubsgefährte).
ANPR-Kameras – Bezahlen im Internet oder über Apps
In meinem Norwegenurlaub habe ich im großen Stil eine neue Erfahrung gemacht: Überall wimmelt es von ANPR-Kameras. Nicht nur auf Autobahnen, auch auf kleineren Landstraßen, Fähren und auf Parkplätzen. ANPR steht für „Automatic Number Plate Recognition“ – die Kennzeichen werden gescannt und somit registriert, wer wann welche Straße nimmt, welche Fähre man nimmt oder wo man parkt. An den großen Fährstationen mit Vorabbuchung wurde ich so von den Kontrolleuren bereits mit Namen gegrüßt. Denn schon bei der Anfahrt sind für sie im Kontrollhäuschen alle relevanten Daten einsehbar.
Die dadurch beschleunigten Abläufe sind mir durchaus willkommen, ein seltsameres Gefühl kommt auf, wenn man auf einen Parkplatz einbiegt und sogleich auf einer großen Anzeige mit Kennzeichen – also immerhin nicht mit Namen – begrüßt wird. Sofort weiß man: Ich bin registriert, der Parkplatz wird überwacht. Und: die Gebühren werden auf jeden Fall eingetrieben. Aber wie? Nicht immer ist es möglich, mit Bargeld an einem Automaten zu bezahlen. Ich hatte auch schon die leidige Erfahrung, gemeinsam mit Urlaubern aus einem anderen Land vor einem Automaten zu verzweifeln, da zunächst keine unserer Karten angenommen wurde. Was passiert, wenn man wegfährt, ohne, dass man bezahlen konnte? Die Kameras hatten das Kennzeichen registriert, wie sich den Bildschirmen bei der Einfahrt entnehmen ließ, bezahlen muss man unweigerlich. Doch wie hoch die Strafe ausfallen würde, konnte man keinem Schild entnehmen. Ebensowenig, ab wann eine Gebühr anfällt – bereits wenn man eine Runde über den Parkplatz dreht, sich aber doch umentscheidet oder schlicht keinen geeigneten Platz für sein Wohnmobil findet? In meinem Urlaub ist alles nochmal gut gegangen, aber es bauten sich Hemmungen auf, mit ANPR-Technologien operierende Parkplätze anzusteuern.
Zumindest, wenn man sich nicht auf den verknüpften Apps angemeldet hat. Diese können von Parkplatzbetreiber zu Parkplatzbetreiber variieren, sodass sich am Ende des Urlaubs eine Unzahl an Apps anhäufen kann, die Kennzeichen und Kreditkarte zur automatischen Abbuchung der Gebühren hinterlegt haben. Was aber die Straßen- und Fährgebühren in Norwegen und Schweden betrifft, stellte diese Bezahlweise einen Segen für einen entspannten Urlaub dar: Über die App Epass24 werden alle Gebühren bezahlt. Sind Kennzeichen und Kreditkarte einmal hinterlegt, wird die Maut einmal monatlich abgebucht. Auf den ersten Blick schlicht und einfach, auf den zweiten frage ich mich: Wo habe ich überhaupt in welcher Höhe für Überfahrten, Brückenüberquerungen und Straßennutzungen zahlen müssen? Denn es wird nur ein Gesamtbetrag am Ende abgebucht, nur die Fährkosten werden separat gelistet, aber ebenfalls nicht aufgeschlüsselt. Für wen ist es allerdings wie lange einseh- und rückverfolgbar? Welche Daten werden an wen übermittelt? Schließlich hat Epass24 neben Kennzeichen, Bezahlinformationen und Gebührenauflistung auch Name und Adresse, E-Mail-Adresse sowie Fahrzeugmodell und bei Verstößen gegen die Verkehrsordnung auch Fotos. Verschiedene Mautbetreiber nutzen die Dienste von Epass24, 3https://www.epass24.com/de/the-toll-operators/ die Daten werden auch zu Analysezwecken genutzt. Natürlich räumt Epass24 das zustehende Recht ein, die persönlichen Daten einzusehen und zu löschen, scheint sie aber so lange wie möglich zu speichern.4 https://www.epass24.com/data-protection-policy/ Entziehen kann man sich der Datenerhebung nicht, wenn man in Ländern wie Norwegen im Urlaub unterwegs ist.
Die Maut der Zukunft
Die Digitalisierung des Bezahlvorgangs von Mautgebühren ist so immer weiter auf dem Vormarsch. Die Fragen des Datenschutzes und der Transparenz sollten allerdings lauter gestellt werden, gerade weil man sich diesem Trend immer weniger entziehen kann. Mit Personal besetzte Mautstellen werden seltener, da sie einen Kostenfaktor darstellen, den Verkehr verlangsamen und Staus verursachen. Es ist nachvollziehbar, dass es sich wirtschaftlich und infrastrukturell lohnt, die Gebührenzahlung zu digitalisieren. Die Online-Registrierung der Fahrzeugtypen hat auch den Vorteil, dass Gebühren individuell angepasst werden können. Nicht nur die Kategorisierung in Motorrad, PKW, Bus und LKW kann hier wie bislang entscheidend sein, auf manchen Strecken oder Parkplätzen müssen Elektrofahrzeuge oder mit Wasserstoff betriebene Autos sowie PKW mit besonders niedrigen Emissionen keine Gebühren bezahlen. So können auch politische Interventionen und Fördermaßnahmen durch die Digitalisierung des Mautwesens leichter durchgeführt werden. Die Zukunft des Entrichtens von Mautgebühren liegt definitiv in digitalen Bezahlvorgängen.
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