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Autor: Christian Person eFin-Blog Farbe: hellblau

Follow the money, but how? Datentreuhänder als innovatives Werkzeug zur Bekämpfung von Geldwäsche

Follow the money, but how? Datentreuhänder als innovatives Werkzeug zur Bekämpfung von Geldwäsche

Ein Beitrag von Christian Person

18.07.2025

Deutschland gilt gemeinhin als Paradies für Geldwäsche. Als Ursache hierfür wird oftmals die besondere Liebe der Deutschen zum Bargeld genannt.1Vgl. https://www.hessenschau.de/wirtschaft/hessen-software-gegen-geldwaesche-v1,kurz-geldwaesche-108.html [09.07.2025]. Schließlich werden hierzulande nach wie vor viele wirtschaftliche Transaktionen mit Münzen und Scheinen abgewickelt. Die Frage „Bar- oder Karte?“ an der Ladenkasse wird regelmäßig zugunsten der ersten Option beantwortet, auch wenn die Verbreitung und Nutzung bargeldloser Zahlverfahren zunimmt, Kartenzahlung und mobiles Bezahlen sich also wachsender Beliebtheit erfreuen.2Vgl. https://www.bundesbank.de/de/presse/pressenotizen/zahlungsverhalten-in-deutschland-2023-934828 [09.07.2025]. Bargeld steht im Ruf, „geprägte Freiheit“ zu sein.3Dieses Mantra wird insbesondere im Kreise liberaler Politiker gebetsmühlenartig wiederholt, beispielsweise in Diskussionen um Obergrenzen für Bargeldzahlungen; vgl. https://www.focus.de/finanzen/banken/bargeld-ist-gepraegte-freiheit-lindner-warnt-vor-bargeld-obergrenze_id_5303482.html [09.07.2025]. Die Kehrseite der Medaille: Die große Bedeutung des Bargeldes im Wirtschaftsleben erleichtert es Geldwäschern, ihren kriminellen Aktivitäten nachzugehen. Doch worum handelt es sich eigentlich beim Phänomen Geldwäsche genau? Wie funktioniert das Waschen von Geld? Wie versuchen Staat und Gesellschaft, diese kriminellen Auswüchse einzudämmen und welche Hilfestellung können hierbei neuartige Instrumente zur Erleichterung des Datenteilens wie beispielsweise Datentreuhänder leisten? Im Hinblick auf diese Fragestellungen möchte dieser Blog-Beitrag etwas Licht ins Dunkel bringen.

Das Phänomen „Geldwäsche“ – sozialschädliches Verhalten von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung

Waffen- und Drogenhandel, Korruption, Erpressung, illegales Glücksspiel und Prostitution – motiviert vom Streben nach maximalem Gewinn geht organisierte Kriminalität einer Vielzahl illegaler Aktivitäten nach, mit denen sich erkleckliche Summen schmutzigen Geldes verdienen lassen. Um diese Gelder jedoch vor dem Zugriff des Staates verstecken und im normalen Wirtschaftsverkehr nutzen zu können, müssen Straftäter die zwielichtige und dubiose Herkunft dieser Vermögenswerte verschleiern und das auf illegalem Wege erworbene Geld in den legalen Wirtschaftskreislauf einspeisen.4Vgl. https://www.bmi.bund.de/DE/themen/sicherheit/kriminalitaetsbekaempfung-und-gefahrenabwehr/geldwaesche/geldwaesche-node.html [09.07.2025]. Kurzum: Das schmutzige Geld muss gewaschen werden. Hierzu greifen Kriminelle üblicherweise auf bargeldintensive Geschäftsaktivitäten zurück, die sich durch intransparente, schwer nachvollziehbare Geldflüsse auszeichnen, beispielsweise Wettbüros oder Gastronomiebetriebe, um die illegalen Einnahmen in „saubere“ Umsätze zu transformieren. Anschließend wird das Geld durch Konten verschiedener Firmen geschleust, um die ursprüngliche Mittelherkunft weiter zu verschleiern.5Vgl. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Geldwaesche-bekaempfen/geldwaesche-bekaempfen.html [09.07.2025]. Dieser Vorgang des Einschleusens illegal erwirtschafteter Gelder in den legalen Wirtschaftskreislauf wird gemeinhin als Geldwäsche bezeichnet.

Eine Waschmaschine, in der Geldscheine zu sehen sind. Auch auf dem Boden vor der Waschmaschine liegen Geldscheine.
Erstellt mit Adobe Firefly.

Idealtypisch lässt sich der Prozess der Geldwäsche in drei Phasen untergliedern:6Vgl. https://www.bka.de/DE/UnsereAufgaben/Deliktsbereiche/Geldwaesche/geldwaesche_node.html [09.07.2025].

  1. Platzierungsphase: Das illegal erwirtschaftete Geld wird erstmalig in den legalen Wirtschaftskreislauf gebracht, in dem konkrete wirtschaftliche Transaktionen (Kauf von Gütern, Inanspruchnahme von Dienstleistungen) mit Bargeld abgewickelt werden. Dies geschieht meist in kleineren Teilbeträgen, um möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Dennoch besteht in dieser Phase ein hohes Risiko, entdeckt zu werden.
  2. Verschleierungsphase: Das sich nun im Wirtschaftskreislauf befindliche, schmutzige Geld wird durch verschiedene Konten und Firmen geschleust, auch über Ländergrenzen hinweg. Es bleibt ständig in Bewegung, um das Aufdeckungsrisiko zu minimieren. Ziel der Übung ist hierbei, die Herkunft der illegalen Gelder möglichst umfassend zu verschleiern und die Verbindung zum ursprünglichen Strafdelikt aufzulösen.
  3. Integrationsphase: Nach zahlreichen Finanztransaktionen wird das Geld aus einer scheinbar legalen Quelle wieder an den ursprünglichen Straftäter übermittelt, möglichst ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Es hat nun den Anschein, dass es sich hierbei um auf legalem Wege erworbene Finanzmittel handle, die der Täter nun für Reinvestitionen im legalen Wirtschaftskreislauf verwenden kann.   

Am Ende dieses Prozesses lässt sich nicht mehr nachvollziehen, aus welchen (illegalen) Quellen die Gelder ursprünglich stammen und wem die Vermögenswerte zuzuordnen sind. Zwar sind die aufgezeigten Vorgänge für Kriminelle mit signifikanten Kosten verbunden, denn das Waschen von Schwarzgeld geht mit erheblichen Reinigungskosten einher. Doch ohne Geldwäsche würden sich die oben aufgeführten kriminellen Handlungen nicht lohnen, da die Erträge aus diesen Aktivitäten keiner legalen wirtschaftlichen Verwendung zugeführt werden könnten.7Vgl. https://www.bmi.bund.de/DE/themen/sicherheit/kriminalitaetsbekaempfung-und-gefahrenabwehr/geldwaesche/geldwaesche-node.html [09.07.2025].

Aus einer makroökonomischen Perspektive handelt es sich bei Geldwäsche um ein sozialschädliches Verhalten, das von enormer volkswirtschaftlicher Bedeutung ist. Geldwäsche verursacht jährlich Schäden in Milliardenhöhe. Das United Nations Office on Drugs and Crime schätzt, dass jährlich kriminelle Gelder in Höhe von zwei bis fünf Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) gewaschen werden.8Vgl. https://www.unodc.org/unodc/en/money-laundering/overview.html [09.07.2025]. Bei einem aktuellen globalen BIP in Höhe von knapp 106 Billionen US-Dollar (Stand 2023) wären dies Schäden in Höhe von 2,1 bis 5,3 Billionen US-Dollar. Geldwäsche bedroht somit mittelbar nicht nur die Sicherheit jedes Einzelnen, da sie die Lukrativität krimineller Aktivitäten steigert, sondern stellt auch eine erhebliche Gefahr für die Integrität des Finanzsystems wie auch die Stabilität der Wirtschaft und der sozialen Ordnung insgesamt dar. Folgerichtig hat die Bekämpfung von Geldwäsche und Finanzkriminalität für Staat und Gesellschaft höchste Priorität.

Die Bekämpfung von Geldwäsche – rechtlicher Rahmen und Vollzugspraxis

Aufgrund ihrer sozialschädlichen Implikationen handelt es sich bei Geldwäsche um einen Straftatbestand. Gemäß § 261, Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) wird Geldwäsche mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren sanktioniert. Das oberste Ziel der Geldwäschebekämpfung besteht darin, zu verhindern, dass illegal erwirtschaftetes Geld den Anschein der Legalität erhält und somit bei alltäglichen wirtschaftlichen Transaktionen eingesetzt werden kann. In Deutschland ruht die Bekämpfung von Geldwäsche auf zwei Säulen und ist durch ein komplexes Zusammenspiel privater und öffentlicher Akteure gekennzeichnet (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Die zwei Säulen der Geldwäschebekämpfung

Abbildung 1: Die zwei Säulen der Geldwäschebekämpfung werden dargestellt. Säule 1: Prävention (Verhinderung). Zu dieser Säule gehören die Aufsichtsbehörden (z.B. BaFin) und die Financial Intelligence Unit, FIU) Säule 2: Repression (Verfolgung). Zur dieser Säule gehören Polizei und Staatsanwaltschaft sowie Gerichte.

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BaFin.9Vgl. https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/Geldwaeschepraevention/Ueberblick/allgemeines_artikel.html?nn=19649868 [09.07.2025].

Der präventive Arm der Geldwäschebekämpfung (Säule 1) dient primär dazu, die Transparenz von Finanzströmen zu erhöhen und das Verschleiern von Geldströmen zu erschweren, indem verdächtige Finanztransaktionen möglichst frühzeitig identifiziert und Geldwäscheverdachtsfälle an die zuständigen Behörden gemeldet werden. Zentrale Regelungsgrundlage bildet hierfür das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GWG), ergänzt um einschlägige Fachgesetze.10Z.B. das Kreditwesengesetz (KWG), das Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG), das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB). Das GWG legt bestimmten Personenkreisen („Verpflichtete“) wie Finanzdienstleistern (Banken, Versicherungsunternehmen), aber auch Immobilienmaklern, Spielbanken oder Güterhändlern besondere Sorgfalts- und Aufsichtspflichten auf.11Vgl. https://www.bmi.bund.de/DE/themen/sicherheit/kriminalitaetsbekaempfung-und-gefahrenabwehr/geldwaesche/geldwaesche-node.html [09.07.2025]; genauere Informationen zu diesen Sorgfaltspflichten finden sich unter https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/Geldwaeschepraevention/Zentrale_Pflichten/Zentrale_Pflichten_artikel.html?nn=19649868 [09.07.2025]. Beispielsweise verpflichtet das GWG diese Akteure dazu, ihre Geschäftspartner eindeutig zu identifizieren (Know-Your-Customer- oder KYC-Prinzip), um die Durchführung anonymer wirtschaftlicher Transaktionen zu verhindern. Außerdem müssen Verpflichtete interne Risikomanagementsysteme einrichten, um verdächtige Transaktionen identifizieren zu können, und entsprechende Transaktionen oder Geschäftsbeziehungen der Zentralstelle für Transaktionsüberwachung (Financial Intelligence Unit – FIU) als zuständiger Behörde melden. Auch die Bestellung von Geldwäschebeauftragten gehört zum Pflichtenkanon. Die Einhaltung der geldwäscherechtlichen Vorgaben durch die Verpflichteten wird durch die einschlägigen Aufsichtsbehörden (im Falle von Banken die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – BaFin) überwacht.  Die FIU unterzieht die ihr erstatteten Verdachtsmeldungen einer weitergehenden Analyse. Lassen sich die Verdachtsmomente nicht ausräumen, werden die Verdachtsfälle an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet. Außerdem erarbeitet die FIU auch Typologien, die den Verpflichteten die Identifikation verdächtiger Sachverhalte erleichtern soll.12Siehe hierzu auch Ferber (Im Erscheinen): „Automatisierte Geldwäschebekämpfung“, in Buchheim, Möslein & Omlor (Hrsg.): Datentreuhand und Recht. München: Verlag C.H. Beck.

Der repressive Arm der Geldwäschebekämpfung (Säule 2) dient der Identifikation, Aufklärung und Verfolgung möglicher Straftaten durch die einschlägigen Strafverfolgungsbehörden (Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichte). Diese leiten Maßnahmen ein, um der potentiellen Täter habhaft zu werden und ihr strafbares Verhalten zu ahnden.13Vgl. https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/Geldwaeschepraevention/Ueberblick/allgemeines_artikel.html?nn=19649868 [09.07.2025]. Aufgrund der Globalisierung der Finanzmärkte und dem damit in Zusammenhang stehenden Anstieg grenzüberschreitender Finanztransaktionen weist Geldwäsche zunehmend auch internationale Züge auf, so dass es zur effektiven Verfolgung und Eindämmung illegaler Transaktionen verstärkt internationaler Zusammenarbeit bedarf, insbesondere der Kooperation in grenzüberschreitenden Ermittlungsverfahren.14Vgl. https://www.bmi.bund.de/DE/themen/sicherheit/kriminalitaetsbekaempfung-und-gefahrenabwehr/geldwaesche/geldwaesche-node.html [09.07.2025]. Trotz der unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen beider Säulen, sind sie eng miteinander verknüpft und stehen in einem komplementären Verhältnis zueinander. Eine effektive Präventionsarbeit bildet das Fundament für die spätere Strafverfolgung, da sie eine frühzeitige Identifikation verdächtiger Sachverhalte ermöglicht und den Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden wichtige Informationen liefert.15Vgl. https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/Geldwaeschepraevention/Ueberblick/allgemeines_artikel.html?nn=19649868 [09.07.2025].

Bei der Prävention von Geldwäsche nehmen Finanzinstitute aufgrund ihrer Schlüsselstellung im Geldkreislauf in ihrer Funktion als Finanzintermediäre eine zentrale Rolle ein, da ein Großteil der Zahlungsströme im Wirtschaftskreislauf über Geschäftsbanken abgewickelt wird. Das Aufspüren von Geldwäsche gestaltet sich für Banken aktuell jedoch recht schwierig, da einzelne Institute hierfür ausschließlich auf die Transaktionsdaten ihrer eigenen Kundschaft zugreifen können. Allerdings ist Geldwäsche ihrer Natur nach, wie eingangs geschildert, organisationsübergreifend konzipiert: Geldwäsche erfolgt üblicherweise im Rahmen komplexer betrügerischer Netzwerke, innerhalb derer schmutziges Geld über zahlreiche Finanzinstitute hinweg verschoben wird. Aus Sicht einzelner Institute sehen die entsprechenden Transaktionen oftmals unverdächtig aus, die Zugehörigkeit zu einem größeren Netzwerk ist nicht ohne Weiteres erkennbar. Daher bleiben sie häufig unentdeckt. Um Geldwäschenetzwerke effektiv identifizieren zu können, bedarf es folglich einer institutsübergreifenden Perspektive, bei der Geld- und Wertflüsse über verschiedene Organisationen hinweg nachverfolgt werden können.

Einer Zusammenführung und gemeinsamen Auswertung der Transaktionsdaten verschiedener Finanzdienstleister stehen jedoch diverse rechtliche Hürden entgegen (Datenschutz für die Kontoinhaberinnen; Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Institute). Dennoch wäre eine Optimierung der bestehenden Prozesse zur Aufdeckung von Geldwäsche für alle Beteiligten wünschenswert. Denn für die Verpflichteten sind diese Prozesse personal- und somit auch kostenintensiv. Außerdem bestehen für die Geldwäschebeauftragten der Banken Anreize, viele Verdachtsfälle an die FIU zu melden, um die persönlichen Haftungsrisiken, die aus einer unterlassenen Meldung von Verdachtsfällen resultieren, zu minimieren. Frei nach dem Motto: im Zweifel für die Meldung. Dies führt nicht nur dazu, dass viele „falsch-positive“ Verdachtsfälle gemeldet werden, d.h. eine Transaktion wird als Verdachtsfall gemeldet, obwohl tatsächlich keine Geldwäsche stattfand. Sondern auch zu einer Überlastung der FIU, die sich mit einer Vielzahl an Verdachtsmeldungen konfrontiert sieht, die es aufwändig zu bearbeiten gilt.16Vgl. https://www.eurodat.org/foederative-erkennung-von-betrug-und-finanzkriminalitaet [09.07.2025].

Exkurs: Datentreuhand als Lösung datenbezogener Problemlagen

An dieser Stelle kommt das Konzept der Datentreuhand als Lösungsansatz für datenbezogene Problemstellungen ins Spiel.17Zum Konzept der Datentreuhand vgl. Gehring, Laakmann, Person & Seidemann (Im Erscheinen): „Rechtspolitik, Typik und infrastrukturelle Bedeutung der Datentreuhand“, in Buchheim, Möslein & Omlor (Hrsg.): Datentreuhand und Recht. München: Verlag C.H. Beck. Daten sind heutzutage aufgrund der umfassenden und anhaltenden Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft nicht nur quasi ubiquitär vorhanden, sondern haben sich auch zu einem zentralen Wertschöpfungsfaktor entwickelt. Allerdings können sie in vielen Fällen ihr Innovationspotential erst dann vollständig entfalten, wenn die oftmals isoliert und verstreut vorliegenden Datenbestände zusammengeführt und gemeinsam ausgewertet werden, wodurch sich vielfältige Verbundvorteile und Skaleneffekte realisieren lassen. In der Praxis stehen dem organisationsübergreifenden Teilen von Daten jedoch zahlreiche Hindernisse technischer, rechtlicher und ökonomischer Natur entgegen, sodass viele Organisationen allenfalls begrenzt an Datenaustauschprozessen partizipieren. Das Potential von Daten wird so häufig nur unzureichend genutzt.

Angesichts dieser Herausforderungen wird Datentreuhändern eine Schlüsselrolle zugeschrieben, um die verschiedenen Hürden zu überwinden und den Datenaustausch zwischen Unternehmen, Behörden, Forschungseinrichtungen, Non-Profit-Organisationen sowie Individuen zu erleichtern und zu intensivieren. Datentreuhänder erfüllen hierbei typischerweise drei zentrale Funktionen: Erstens vermitteln sie Anbieter und Nachfrager von Daten zueinander und unterstützen somit die effiziente Koordination der Marktteilnehmer (Matchmaking-Funktion). Zweitens unterstützen sie Marktteilnehmer bei der Anbahnung und Durchführung von Datentransaktionen (Unterstützungsfunktion). Und drittens schaffen sie Vertrauen zwischen den Marktteilnehmern, in dem sie verlässliche, da berechenbare und standardisierte, sowie rechtssichere Strukturen und Verfahren zur Abwicklung von Datentransaktionen bereitstellen, mithin eine Garantenstellung für diese Transaktionen einnehmen.

Sie tragen somit dazu bei, die für Datenmärkte typischen Informationsungleichgewichte zwischen Datenanbietern und Datennachfragern abzubauen, Such- und Transaktionskosten auf diesen Märkten zu senken und das für datenbezogene Transaktionen notwendige Vertrauen aller Akteure in ihre jeweiligen Vertragspartner herzustellen, in dem sie als zentraler Vertrauensanker fungieren.18Eine detaillierte Auseinandersetzung mit den zentralen Herausforderungen des Datenteilens und wie Datentreuhänder zu einer Lösung dieser Problemlagen beitragen bietet Person (Im Erscheinen): „Gaia-X als informations- und dateninfrastruktureller Rahmen“, in Buchheim, Möslein & Omlor (Hrsg.): Datentreuhand und Recht. München: Verlag C.H. Beck.

Geldwäschebekämpfung 2.0: Datentreuhand als Instrument der Geldwäscheprävention

Wie dieser Exkurs verdeutlicht, handelt es sich bei Datentreuhändern um neutrale Intermediäre, glaubwürdige Organisationen, die einen vertrauenswürdigen technisch-organisatorischen Rahmen zur Zusammenführung und gemeinsamen Auswertung von Daten unterschiedlichster Kritikalität bereitstellen und somit einen sicheren, vertraulichen Datenaustausch zwischen Organisationen erlauben, selbst für kritische und sensible Daten jedweder Art. Im Bereich der Finanzwirtschaft können Datentreuhänder genutzt werden, um durch den Einsatz innovativer technischer Verfahren und modernster Verschlüsselungstechniken den aus rechtlicher Perspektive heiklen Austausch hochsensibler Finanztransaktionsdaten zwischen unterschiedlichen Finanzdienstleistern sicher und rechtskonform zu ermöglichen, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung strikter Datenschutzstandards. Hierzu stellen verschiedene Banken verschlüsselte Daten über Finanztransaktionen ihrer Kundschaft zur Verfügung. Auf diesem Datenbestand mehrerer Banken führt der Datentreuhänder Betrugserkennungsalgorithmen aus, um Betrugsmuster und Geldwäschenetzwerke zu identifizieren. Werden auffällige Transaktionen erkannt, werden die Verdachtsfälle an die betroffenen Banken zurückgespielt.

Die mit der Zusammenführung von Kontendaten aus unterschiedlichen dezentralen Datenquellen verbundene institutsübergreifende Perspektive führt zu einer erhöhten Transparenz von Geld- und Wertflüssen über verschiedene Finanzinstitute hinweg. In Kombination mit der Nutzung moderner KI-Technologien erleichtert dies das Aufspüren verdächtiger Geldbewegungen enorm. Fragwürdige Transaktionen lassen sich schnell, effektiv und treffsicher identifizieren, die beteiligten Finanzinstitute erhalten spezifische und begründete Rückmeldungen über verdächtige Transaktionen (unter Wahrung der regulatorischen Anforderungen), was auch die Rate falsch-positiver Verdachtsfälle bei den Banken spürbar reduzieren sollte. Die Bündelung der Kräfte unterschiedlicher Finanzdienstleister führt idealerweise zu einer deutlichen Verbesserung bestehender Verfahren der Geldwäsche- und Betrugsprävention. Datentreuhänder können somit die durch das GWG Verpflichteten bei der Erfüllung ihrer Sorgfalts- und Aufsichtspflichten erheblich unterstützen und so zur Aufrechterhaltung eines sicheren, fairen und transparenten Finanzsystems beitragen.19Vgl. https://www.eurodat.org/foederative-erkennung-von-betrug-und-finanzkriminalitaet [09.07.2015].

Prävention von Geldwäsche durch Datentreuhand – das Praxisbeispiel safeAML

Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, können Datentreuhänder als innovatives Werkzeug zur Aufdeckung von Geldwäsche fungieren und die Prävention derselben stärken. Dass es sich hierbei nicht um ferne Zukunftsmusik handelt, zeigt das Projekt safeAML, eine Dienstleistung des vom Land Hessen getragenen Datentreuhänders EuroDaT GmbH. Bei diesem „Leuchtturmprojekt zur Geldwäschebekämpfung“20Vgl. https://wirtschaft.hessen.de/presse/land-hessen-und-banken-starten-europaweit-einmaliges-projekt-zur-bekaempfung-von-geldwaesche [09.07.2025]. haben sich mehrere Banken zusammengeschlossen, um gemeinsam mit weiteren Partnern aus Wirtschaft und Verwaltung21Die aktuell beteiligten Banken sind die Commerzbank, die Deutsche Bank und N26. Weitere Partner sind die EuroDaT GmbH, das Hessische Wirtschaftsministerium, die Unternehmensberatungen d-fine und Deloitte sowie die Startups Hawk.AI und spotixx. die in ihren Häusern existierenden Prozesse und Verfahren der Prävention von Geldwäsche zu verbessern, indem der Datenaustausch zwischen den Instituten intensiviert wird, sodass sich verdächtige Finanztransaktionen schneller identifizieren lassen und Finanzkriminalität wirksam entgegen getreten werden kann.

Im Kern geht es darum, das bestehende System der sogenannten Mittelherkunftsanfragen zwischen den Finanzinstituten, also des Informationsaustauschs zwischen Banken und Finanzdienstleistern im Rahmen bilateraler Auskunftsersuchen, zu digitalisieren und durch einen kooperativen, technologiebasierten Ansatz nachhaltig zu stärken. Aktuell erfolgt dieser Informationsaustausch aufgrund der bereits geschilderten rechtlichen Anforderungen weitgehend manuell, weshalb das Prozedere für die Beteiligten nicht nur zeitaufwändig, sondern auch kostspielig ist. Durch safeAML werden diese Verfahren rechtlich und technisch sicher digitalisiert. Durch die Digitalisierung der Auskunftsersuchen lassen sich nicht nur die Prozessabläufe erheblich beschleunigen und Geldwäschemuster schneller aufdecken, sondern auch Kosten einsparen und eine verbesserte Entscheidungsgrundlage für die Meldung verdächtiger Transaktionen an die FIU schaffen.

Mit Hilfe von safeAML können durch schrittweise Abfrage und Nachverfolgung von Buchungen bzw. Geldeingängen Geldströme über verschiedene Finanzinstitute hinweg automatisiert verfolgt, Beziehungsanalysen potentiell auffälliger Buchungen durchgeführt und Konten-Netzwerke rekonstruiert werden, um so mögliche Geldwäschemuster und -netzwerke zu identifizieren. Die Ergebnisse dieser institutsübergreifenden Analysen werden an die beteiligten Banken zurückgespielt und dienen diesen als Grundlage für Meldungen an die FIU. Die Analysen erfolgen stets anlassbezogen; Auslöser sind potentiell verdächtigte Buchungen, die durch die internen Risikomanagementsysteme der Banken detektiert wurden. Eine dauerhafte und anlasslose Sammlung und Speicherung von Daten findet nicht statt. Die Analyse erfolgt anonym, d.h. weder die EuroDaT GmbH noch Dritte erhalten Einblick in die konkreten Transaktionsdaten. Die Analysen stehen damit im Einklang mit dem Datenschutzrecht, denn durch den Einsatz moderner Verschlüsselungstechnologien kann auf eine Verarbeitung personenbezogener Daten vollständig verzichtet werden. Hierfür trägt eine enge Abstimmung mit sowie eine regelmäßige Überprüfung durch die zuständigen Aufsichtsbehörden Gewähr.22Vgl. https://wirtschaft.hessen.de/presse/land-hessen-und-banken-starten-europaweit-einmaliges-projekt-zur-bekaempfung-von-geldwaesche [09.07.2025]; siehe auch https://www.eurodat.org/safe-aml [09.07.2025].

Fazit

Geldwäsche ist ein sozialschädliches Verhalten von immenser gesellschaftlicher wie auch ökonomischer Tragweite. Eine effektive Prävention von Geldwäsche besitzt für Staat und Gesellschaft daher hohe Priorität. In der Praxis läuft die Bekämpfung von Geldwäsche aktuell allerdings, vorsichtig ausgedrückt, alles andere als rund. Privatwirtschaftliche Akteure, die in die Vorbeugung von Geldwäsche eingebunden sind, wie auch Aufsichtsorgane und Strafverfolgungsbehörden können Kriminellen, die Geldwäsche betreiben, nur bedingt auf Augenhöhe begegnen; eine Waffengleichheit ist kaum gegeben. Insofern bestehen Anreize, neuartige Instrumente im Kampf gegen Geldwäsche zu erproben. Eines dieser neuen Werkzeuge stellen Datentreuhänder dar. Sie ermöglichen nicht nur eine stärkere Automatisierung und Digitalisierung bestehender Prozesse der Geldwäscheprävention, sondern versprechen durch die geschickte Kombination innovativer technischer Verfahren und moderner, KI-basierter Datenanalysetechnologien auch die Schaffung eines technisch-organisatorischen Rahmens, der eine rechtssichere Zusammenführung und Auswertung hochsensibler Finanztransaktionsdaten erlaubt.

Durch die damit verbundene organisationsübergreifende Perspektive lassen sich Geldströme zwischen Finanzinstituten besser überwachen und verdächtige Finanztransaktionen schneller aufdecken. Im Idealfall führt dies nicht nur zu einer Entlastung der nach dem GWG Verpflichteten, vor allem Banken und andere Finanzdienstleiter, wie auch der Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden, sondern ermöglicht es letzteren auch, sich auf relevante Verdachtsfälle zu konzentrieren und damit eine bessere Verwendung ihrer knappen Ressourcen zu erzielen.

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