Angesichts neuer Bedrohungen für Staat und Gesellschaft wurden die deutschen Sicherheitsbehörden seit geraumer Zeit zentralisiert, ausgebaut und erhielten neue Aufgaben. Ihre Tätigkeit wandelte sich sukzessive von reaktivem Einzelfallbezug hin zu einem strukturierten operativen Vorgehen, das Risiken frühzeitig erkennen und ihnen entgegenwirken soll. Je mehr es gilt, Gefahren rechtzeitig zu antizipieren, desto stärker sind die Sicherheitsbehörden – technologiegestützt – auf die Gewinnung und Verarbeitung von Daten und Informationen angewiesen. Diese Entwicklung findet unter den Bedingungen der Digitalisierung privater und staatlicher Räume statt und geht mit einer weitgehenden Datafizierung von Kommunikation und gesellschaftlichem Handeln einher. In der Folge ist inzwischen auch das sicherheitsbehördliche Handeln durch einen zunehmenden Einsatz von Big-Data-Analysen und Künstlicher Intelligenz (KI) gekennzeichnet. Diese Entwicklung birgt Chancen und Risiken.
Die Projektgruppe nimmt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts v. 16.2.2023 – 1 BVR 1544/19 – (automatisierte Datenanalyse), wonach die Regelung für die Nutzung der Software „Gotham“ der Firma Palantir Inc. durch die hessische Polizei verfassungswidrig war, zum Anlass, diese Entwicklung unter rechtswissenschaftlichen Gesichtspunkten zu analysieren. Dabei werden auch die mit der Thematik verbundenen rechts- und technikphilosophischen Fragestellungen in den Blick genommen und – im Dialog mit der Informatik und den Sicherheitsbehörden – die technischen Grundlagen und die praktische Implementation der neuen Technologien mit einbezogen. Gegenstand der Überlegungen soll auch die europäische Entwicklung sein. Hier geht es zum einen um die 2022 in die Europol-VO aufgenommene Befugnis von Europol zur Durchführung von Big-Analysen und zum anderen um den Entwurf des AI Act, bei dem die geplanten Ausnahmen für die Sicherheitsbehörden zu den umstrittensten Themen gehören. Zudem sollen die Erkenntnisse der zivilen Sicherheitsforschung einbezogen werden, soweit diese sich mit dem Einsatz digitaler Technologien im Bereich der öffentlichen Sicherheit befasst.
Beteiligte Wissenschaftler:innen
Prof. Dr. Michael Bäuerle, LL.M., Hessische Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit | Sprecher | mehr Information
Prof. Dr. Petra Gehring, Technische Universität Darmstadt | stellvertretende Sprecherin | mehr Information
Dr. Kai Denker, Technische Universität Darmstadt | mehr Information
PD Dr. Christian Geminn, Universität Kassel | mehr Information
Dr. Nora Jansen, Goethe-Universität Frankfurt | mehr Information
Prof. Dr. Bettina Schöndorf-Haubold, Justus-Liebig-Universität Gießen | mehr Information