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    Autor: Isabel Schmidt eFin-Blog Farbe: hellblau

    Das gefährliche Geschäft mit dem Kurs: Werbung für Kryptogeld ft. Geld für Krypto-Werbung

    Die Liste der Stars aus Unterhaltung und Sportindustrie, die für Kryptowerte, -handelsbörsen und NFTs Werbung gemacht haben, ist lang. Nur langsam kommt eine Debatte darüber zustande, welche Gefahr von solchen Werbemaßnahmen für Verbraucher:innen ausgeht.

    Das gefährliche Geschäft mit dem Kurs: Werbung für Kryptogeld ft. Geld für Krypto-Werbung

    Ein Beitrag von Isabel Schmidt

    vom 7. September 2023

    Kim Kardashian hat es getan, aber auch Madonna, Larry David, Lebron James, Justin Bieber und Floyd Mayweather und andere mehr: Die Liste der Stars aus Unterhaltung und Sportindustrie, die für Kryptowerte, -handelsbörsen und NFTs Werbung gemacht haben, ist lang.1Wie unter anderem die Süddeutsche berichtete».

    Als Höhepunkt kann dabei 2021 bis in die Anfänge des Jahres 2022 gelten. Kryptokurse – allen voran Bitcoin – erreichten ihr Allzeithoch und es herrschte ein Run auf NFTs. Und mitten drin Hollywood: Schauspieler Matt Damon warb für die Handelsbörse Crypto.com mit dem Slogan „Das Glück ist mit den Mutigen“. Paris Hilton tauschte sich mit Late-Night-Talker Jimmy Fallon in dessen The Tonight Show über ihre Bored-Apes-NFTs aus. Gisele Bündchen und Tom Brady standen als Testimonials für die US-Kryptobörse FTX in den Medien. Deutlicher Höhepunkt dieser Entwicklung war dann die Werbesequenz in der Superbowlpause im Februar 2022 – hier traten zum ersten Mal Kryptounternehmen wie FTX, eToro, Crypto.com und Coinbase in Erscheinung.

    Zwei Jahre später hat sich die Lage komplett verändert: FTX ist zusammengebrochen, viele Anleger:innen haben viel Geld verloren. Der Gründer, Sam Bankman-Fried, steht in den USA vor Gericht. Bitcoin brach zwischenzeitlich auf bis unter 16.000 Dollar ein. Andere Kryptowerte fielen noch stärker. Dieser sogenannte Kryptowinter hält zum Teil noch an und der massive Verlust am Markt sorgt dafür, dass auch Werbedeals der Stars und Sportler:innen zurückgingen.

    Und nicht nur das: Nach dem Absturz der Kryptowerte erheben Anwaltskanzleien in den USA nun Anklage gegen jene Prominente, die nicht offenlegten, dass sie für ihre Werbung bezahlt wurden.

    Der Einsatz von Stars zur Wertsteigerung von Kryptoassets wird vor Gericht zumindest in den Vereinigten Staaten als illegal eingestuft. Auch für Kim Kardashians Werbung über Instagram hatte dies bereits ein Minusgeschäft zur Folge: Sie hatte ihre Story aus dem Jahr 2021 über EMAX-Token, einem Kryptowert von EthereumMax, zwar mit dem Hashtag „#AD“ als Werbung markiert, das reichte vor Gericht aber nicht als Hinweis darauf aus, dass sie als Gegenleistung 250.000 Dollar erhielt.Der EMAX-Token fiel nach einem rasanten Anstieg innerhalb kurzer Zeit auf einen Kurs von weit unter einem Cent, enttäuschte Anleger:innen zogen in den USA vor Gericht und waren mit ihrer Klage erfolgreich: Kim Kardashian wurde auf 1,26 Mio. Dollar verklagt und darf drei Jahre lang keine Werbung für Kryptoassets machen.

    Mindestens zwei weitere Sammelklagen gegen FTX sowie Yuga Labs und Moonpay und seine prominenten Unterstützer:innen laufen in den USA aktuell. Darunter sind etwa Paris Hilton, Snoop Dog, Jimmy Fallon, Justin Bieber und Madonna.2 Die Sammelklage gegen FTX befindet sich hier». Dazu vgl. Anklageschrift» gegen Yuga Labs.

    Und natürlich ist diese Art der Werbung nicht ausschließlich in den USA verbreitet, sondern ein internationales Phänomen. Und es werden immer mehr Reaktionen darauf sichtbar. Bei Netflix gibt es seit Neuestem einen Bann für Kryptowerbung, auch die UEFA hat Richtlinien eingeführt – einzig Facebook/Meta geht in die andere Richtung. Hier galt bis 2018 ein Verbot, das nun wieder aufgehoben wurde.   

    Auch in Deutschland haben bereits Prominente ihre Gesichter hergehalten, jedoch sind Sammelklagen hierzulande nicht möglich und die Kontroverse rund um die Dotcom-Blase3Als Dotcom-Blase wird von den Medien die Anfang der 2000er geplatzte Spekulationsblase rund um neue Unternehmen im Bereich Internet-Technologien bezeichnet, die für Kleinanleger:innen zu enormen Verlusten führte. hat bereits gezeigt, dass es schwieriger ist, vor Gericht einen Zusammenhang von Werbung und Kauf zu beweisen. 

    Viele Faktoren beeinflussen Kryptokurse. Neben Preisschwankungen durch Verschiebungen bei Angebot und Nachfrage nehmen bestimmte Ereignisse kurz- wie langfristigen Einfluss. Zum Beispiel politische Entscheidungen können kurzfristig beeinflussen: Zinserhöhungen, aber auch Regulierungsbestrebungen sorgen für reichlich Bewegung. Und Verbraucher:innen sind damit noch nicht vertraut. Gleichzeitig lösen die Geschichten rund um Bitcoin-Millionär:innen FOMO-Effekte („Fear of missing out“) aus, die geschickt durch Marketing bedient werden können.  

    Mittlerweile wird auch in Europa über die Form der Kursbeeinflussung durch Werbung diskutiert . Immer mehr nationale Finanzbehörden ziehen die Notbremse und führen ein Verbot von Werbungen für virtuelle Währungen ein – wie unlängst Großbritannien, wo nun bis zu zwei Jahre Haft drohen können.

    Hype or harm – so heißt eine Studie des europäischen Verbraucherverbands (BEUC), der aus 46 unabhängigen Verbraucher:innenorganisationen aus 32 Ländern besteht. Die am 8. Juni 2023 erschienene Studie setzt sich mit der Frage auseinander, welche Gefahr von Werbung für Krypto in sozialen Medien für Verbraucher:innen ausgeht.4Die Studie ist hier» abrufbar. Insbesondere Instagram, YouTube, Twitter und TikTok werden hier als „Hauptakteure“ identifiziert und wegen ihrer Unterstützung bei irreführender Werbung für Kryptoassets Beschwerde bei der EU-Kommission und den Verbraucherschutzbehörden eingereicht. Hier zeigt sich, dass rund um das Geschäft mit Kryptowerten längst noch nicht alle Regulierungs-und Demokratiefragen diskutiert werden.   

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      Wie unter anderem die Süddeutsche berichtete».
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      Die Sammelklage gegen FTX befindet sich hier». Dazu vgl. Anklageschrift» gegen Yuga Labs.
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      Als Dotcom-Blase wird von den Medien die Anfang der 2000er geplatzte Spekulationsblase rund um neue Unternehmen im Bereich Internet-Technologien bezeichnet, die für Kleinanleger:innen zu enormen Verlusten führte.
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      Die Studie ist hier» abrufbar.

    Isabel Schmidt
    ist promovierte Historikerin, als Wissenschaftsmanagerin u.a. spezialisiert auf Digitalisierungsthemen. Sie war von 2021 bis 2023 Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle des Zentrums verantwortungsbewusste Digitalisierung für Transfer und Wirtschaftskooperationen und Koordinatorin des Diskursprojektes eFin & Demokratie.

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    Im Diskursprojekt eFin & Demokratie» beobachten und diskutieren wir den digitalen Wandel in Sachen „Geld“. Das Finanz- und Staatswesen wird davon ebenso erfasst wie unser aller Alltag und Miteinander. Unser Blog versucht, die Umwälzungen zu verstehen und die Debatte zu fördern - auch als Teil unserer Demokratie. Es schreiben Mitarbeiter:innen des Projekts und Gäste in freier und diverser Form darüber, was sie lernen und erforschen, was sie beunruhigt und was sie fasziniert. Wir freuen uns über Kommentare unter efin@zevedi.de.