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Autor: Petra Gehring Coinzeit 3000 Digitaler Euro eFin-Blog Farbe: gelb Uncategorized

Coinzeit 3000 #8: Offline

Coinzeit 3000: Eine Lesekolumne zum Thema Offline

Ein Beitrag von Petra Gehring

15. April 2024

Der Nebel um die Ausgestaltung des Digitalen Euro lichtet sich erst sehr langsam. Anfang 2023 klang es jedenfalls aber so, als verfolgten EZB und EU nicht das Ziel, das neue Digitalgeld als hochgetriebenes „programmierbares“ Artefakt auf der Blockchain anzubieten. Programmierbares Geld – oder mindestens vorprogrammierte Zahlungsabläufe, also auf der Basis von „smarten“ Verträgen automatisierte Geldflüsse – fordert zwar die Industrie. Die Politik teilt aber mit, sie denke primär an die Bürger:innen, also an Bargeldnutzer:innen wie dich und mich. Und wir haben nun mal wenig Interesse an der aufwändig durchautomatisierten (weil massenhaften und somit billigeren) Prozessierung von Geld. Wir geben Geld in wechselnder Weise, situationsangemessen und oft spontan aus. Von daher die Botschaft der Politik: Der digitale Euro soll auch „offline“, also wohl physisch verfügbar sein. Was allerdings heißt das? Oder meint Offline-Nutzbarkeit gar nicht im vollen Wortsinn „physische“ Verfügbarkeit? Die Finanzverantwortlichen der Eurogruppe schreiben:

„The Eurogroup also supports the exploration of an offline functionality which would serve a wider range of use cases and also contribute to financial inclusion by facilitating the use by citizens in different scenarios. “

Damit scheint also nicht bloß eine Endstation Smartphone angestrebt zu werden. Sondern man denkt … ja: an was? An eine mit einem Girokonto verbundene Karte? Dann wäre ich freilich einfach wieder bei meiner (Geschäfts-)Bank. Also vielleicht eine aufladbare Geldkarte wie die Bezahlkarte in der Mensa? Eine Pay-Safe-Karte, die ich (bereits aufgeladen) in der Tankstelle kaufen kann? Oder gäbe es da einen anderswie verpackten Chip? Kann ich freilich ohne Netz mir die Summen auf einem solchen kleinen Wertspeicher „abholen“? Und ist beim Ausgeben des digitalen Offline-Euro dann wirklich auf der ganzen Strecke, also auch hinter dem Lesegerät eines Zahlungsempfängers, alles klassisch verkabelt und in diesem Sinne die Nutzung also ganz ohne Internet möglich? Letzteres kann ich mir kaum vorstellen. Ein Einwand eines Piraten-Abgeordneten im Europäischen Parlament lautete zwischenzeitlich auch: der „offline“-Euro muss Zahlungen auch bei physischem Abstand der Zahlenden ermöglichen. Also Verschickbarkeit per Postpaket? Deponierbarkeit im Versteck unter der Baumwurzel?

In einer überall immer auch von Online-Übermittlungswegen durchzogenen Welt muss, so scheint es, ziemlich präzise darüber geredet werden, was „offline“ eigentlich bedeutet. Folge ich Wikipedia, dann heißt „offline“ im Grunde nur der abgeschaltete Zustand eines (auch) online nutzbaren Programms. Etwas ‚offliniger‘ als bloß nach dem Download noch existent sollte der digitale Euro aber definitiv sein. Nur so ist er auch inklusiv, das heißt für Menschen ohne Konto, für Wohnungslose, für Kinder und für Menschen, die Geld gern unter dem Kopfkissen haben, verwendbar.

„Als Offliner werden Menschen bezeichnet, die das Internet nicht nutzen“, heißt es bei Wikipedia immerhin auch. Und gerade für diese sollte es ja die von der Eurogruppe „offline“ genannte Funktion wohl geben.

Eurogruppe: Pressemitteilung vom 16. Januar 2023: Eurogroup statement on the digital euro project, [15. April 2024]

Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, Europäisches Parlament: Änderungsanträge 34 – 277, Stellungnahme zur Einführung eines digitalen Euro, siehe insbesondere Änderungsantrag 76, 11. Dezember 2023, nur in Englisch verfügbar [15. April 2024].

Wikipedia: Offline, https://de.wikipedia.org/wiki/Offline, [15. April 2024].

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Autor: Frank Engster eFin-Blog Farbe: hellblau

Zur „Kleinen Philosophie des Geldes“ im Augenblick seines Verschwindens

Zur „Kleinen Philosophie des Geldes“ im Augenblick seines Verschwindens

Ein Beitrag von Frank Engster

28. März 2024

Der Anlass des Buches Kleine Philosophie des Geldes ist ein Verschwinden, das denkbar paradox ist: Das Geld verschwindet in seiner sinnlich wahrnehmbaren, empirischen Gestalt als Bargeld – aber seine Geltungsmacht wird durch dieses Verschwinden nur um so absoluter. Ja, es ließe sich sogar sagen, dass das Geld gerade in diesem

Verschwinden seinem Begriff und seiner Logik adäquat wird. Denn ist uns das Geld nicht darum so rätselhaft, weil es letztlich etwas Unsichtbares, nicht Fassliches repräsentiert? Steht es nicht in seinem materiellen Dasein buchstäblich für einen ökonomischen Wert, der ideell und übersinnlich ist? Ein Wert, der einerseits durch das Geld überhaupt erst greifbar wird und eine Existenz erhält, andererseits aber gerade durch das Geld zu etwas Übersinnlich-Ideellem wird? Das Geld würde dann in der Geschichte seiner De- und Entmaterialisierung derjenigen Logik adäquat, die von Anfang an das Geld der kapitalistischen Gesellschaft auszeichnet. Das Geld gibt, was auch immer seine empirische Gestalt sein mag, ob Gold und Edelmetall, ob Papier oder ob bloßer elektronischer Impuls – das Geld gibt einem rein quantitativen Wert objektive, ja sogar universelle Geltung, aber diese empirisch reine und universelle Geltung des Quantitativen ist aus keiner seiner materiellen Gestalten ableitbar oder erklärbar. Es scheint daher umgekehrt, dass die De-Materialisierung des Geldes diesem Wesen adäquat wird.

Das Geld im Schnittpunkt dreier Entwicklungen

Dieses eigentümliche Verschwinden des Geldes, dem zugleich eine Art Zu-sich-Kommen seiner rein quantitativen Geltung entspricht, wird im Buch im Fluchtpunkt von drei Entwicklungen angesiedelt. Die erste Entwicklung ist die eben angeführte gleichsam metaphysische Entwicklung, dass das Geld in der Geschichte seiner zunehmenden Ent- und Dematerialisierung seine reine Geltung durchzusetzen und ihr adäquat zu werden scheint.

Die zweite Entwicklung, in deren Fluchtpunkt wir uns heute befinden, beginnt mit der kleinen „Sattelzeit“ (Koselleck) um das Jahr 1973. In diese Zeit fällt das Ende des Goldstandards und des Abkommens von Bretton Woods, die Erschöpfung des klassischen Fordismus sowie der Umbruch in den finanzmarktgetriebenen Kapitalismus und in eine post-fordistische, vielleicht gar post-industrielle Gesellschaft. Auch der Neoliberalismus mit seinen politischen Techniken (Deregulierung, Privatisierung, Abbau des Sozialstaates, Schwächung der Gewerkschaften) beginnt in diesem Jahr, und zwar mit dem Putsch in Chile gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Allende. Auf den Putsch folgte die neoliberale Konterrevolution durch die Militärdiktatur von August Pinochet und einer Gruppe chilenischer Wirtschaftswissenschaftler, der „Chicago Boys“, die u.a. die monetaristische Theorie ihres Lehrers Milton Friedman installierten.

Diese kleine Sattelzeit war für die ungeheure Ausweitung einer Geldmenge wichtig, die einerseits, vor allem qua Kreditgeld, gleichsam aus dem Nichts geschöpft wird und die andererseits nicht mehr durch Gold gedeckt oder zumindest umtauschbar sein muss. Die ausgeweitete Geldmenge ist allein durch diejenige ökonomische Verwertung „gedeckt“, die sie erst in Kraft setzt und gleichsam nach sich zieht. Gelingt das aber nicht, stehen Entwertungsprozesse und Kapitalvernichtungen an, etwa durch das Platzen von „Blasen“ in monetär überhitzten Bereichen der Ökonomie (die dann wiederum Kettenreaktionen auslösen, die andere Bereiche betreffen und mitunter globale Ausmaße annehmen).

Die dritte Entwicklung ist, dass der Aufstieg der ökonomischen Techniken des Finanzkapitalismus und der politischen Techniken des Neoliberalismus begleitet wurde von einer Revolution, die in der Technologie im engeren Sinne stattfand. Die Rede ist natürlich von der Digitalisierung. Das Geld wird durch seine Digitalisierung nicht einfach dematerialisiert, es erlangt einen neuen Status. Denn mit dem Geld wird auch der ökonomische Wert nicht einfach nur elektronisch, digital, immateriell, der Wert wird Information. Er wird zu einer Information in einem viel radikaleren Sinne als in den Wirtschaftstheorien, die Wert oder Preis schon seit langem als eine Information fassen. Denn fortan sind alle einzelnen Zahlungen, alle finanziellen Transaktionen und alle Geld- und Finanzströme elektronisch und digital nicht nur abwickelbar, sie sind auch rekonstruierbar, speicherbar, steuerbar und sogar vorhersagbar und berechenbar, zumindest bestimmter Wahrscheinlichkeit nach. Mit dieser technischen Transformation wird die Information des (vermeintlich bloß) ökomischen „Werts“ nun mit individuellen, mit sozialen, mit politischen und überhaupt mit allen Arten von Information überlagert.

Das hat ungeheure Auswirklungen auf neue Formen der politischen und sozialen Überwachung und Kontrolle, der Planung, Steuerung und Machtausübung. Hatte das Geld seit jeher die berühmten „zwei Seiten der Medaille“, indem es in seiner geprägten Gestalt als Münze Kopf und Zahl, Politik und Ökonomie, Staat und Markt (re-)präsentiert, so befindet sich das Ökonomische nun auf eine ganz neue, eben immaterielle Weise (mit jener Rückseite) verbunden, denn was in der Münze noch in zwei Seiten geschieden war, befindet sich jetzt im Zustand der Überlagerung. Ökonomische Informationen überlagern sich auf eine ganz unmittelbare Weise mit allen anderen Arten von Information, etwa über das Verhalten von Individuen, Gruppen und Bevölkerungen, über ihre Entscheidungen, ihre Vorlieben, ihre Geheimnisse usw., und diese Informationen können über elektronisch-digitale Geldströme ausgelesen werden.

Durch die Überlagerung sind diese Informationen in einer Art Unschärfe gehalten und können für ganz unterschiedliche Zwecke verwendet werden. Genauer gesagt kann mit diesen Informationen für unterschiedliche Zwecke gerechnet werden. Dieses Rechnen bezieht sich nicht auf das profane Kommodifizieren der Daten. Es geht vielmehr um ein politisches und soziales „Bewirtschaften“ der Daten. Auch dieses Rechnen mit Daten und Informationen geht über ihre bloße Kommodifizierung, also ökonomische (Weiter)Verwertbarkeit hinaus. Es erhält einen eigentümlichen Status, der dem Status der Überlagerung, in dem sich Informationen befinden, entspricht. Denn einerseits kann mit den Daten und Informationen auf eine eng ökonomische und quantitative Weise gerechnet werden, wobei das Rechnen aber auch ein Berechnen ist und zur Programmierung, Algorithmisierung und für KI genutzt wird: Kaufentscheidungen und Konsumverhalten lassen sich rekonstruieren und berechnen, ja vorhersagen und steuern. Und andererseits ist dieses Berechnen entgrenzt, denn es gilt nicht nur für die Ökonomie, sondern im Prinzip für alles, was mit großen Datenmengen und schneller Rechenleistung berechenbar gemacht werden kann: Migrationsströme, Gesundheitsrisiken, Kriminalitätsentwicklung, Wählerverhalten usw.

Diese umfassende Auslesbarkeit des, vereinfacht zusammengefasst, Sozialen ist auch der Grund für die enorme Bedeutung der Frage, wer über die Daten verfügt, wer sie sammeln, auswerten, verwenden und auch manipulieren kann, kurz, wer mit den Informationen rechnen kann. Sind Daten, Informationen und die gesamte Grundstruktur, die mittlerweile daran hängt, nicht eine Art gesellschaftliche Infrastruktur geworden wie einst Energie, Eisenbahn oder die Post (also die klassischen Netze mit ihren Übermittlungen und Strömen)? Sollten die Daten und ihre Infrastruktur wirklich einzelnen großen Quasimonopolen gehören? Oder sind sie dort vielleicht gerade vor staatlichem Zugriff und Missbrauch geschützt? Und wie könnte eine gesellschaftliche Kontrolle jenseits von Staat und privaten Kapitalen aussehen?

Chronos, Kosmos, Logos

Kurzum beide, Geld und Wert, erlangen mit der Digitalisierung einen neuen Status. Das Geld erscheint nicht mehr analog dem Hegelschen Geist, dem „Gott der Philosophen“, der ja bereits eine Art Verweltlichung des christlichen Gottes war. Auf diese Analogie hatte u.a. der Marxismus und die Kritische Theorie zurückgegriffen, aber auch Marx selbst. Vielmehr funktioniert das Geld heute, im Zeitalter einer globalen und zunehmend digitalisierten Ökonomie, des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus und des Informationszeitalters, anscheinend wie ein gewaltiger Prozessor. Das Datennetz mit seinen Algorithmen gleicht einem gewaltigen gesamtgesellschaftlichen Gehirn, in dem Informationen aller Art als Daten unendlich schnell prozessiert und verarbeitet werden. Und darin scheint es das Wesen des Geldes zu sein (insbesondere im Banken- und Finanzsystem, dem zentralen Nervensystem der Ökonomie), Informationen über ökonomische Werte, die sich mit weiteren Informationen überlagern, mit Lichtgeschwindigkeit zu übertragen. Erschien den Philosophen das Geld einst unverfügbar wie ein (Welt-)Geist, so scheint ein passendes Bild für sein unfasslich übersinnliches und doch ungeheurer wirksames Wesen heute der Welt-Computer zu sein.

Das Verschwinden des Geldes im Elektronisch-Digitalen ist indes, wie oben schon gesagt, für mich und meine Mitautoren (nur) der Anlass gewesen, das Geld noch einmal einer Kritik zu unterziehen. Das ist allein schon darum stets akut, weil bis heute keine allseits akzeptierte Theorie oder Kritik des Geldes gelungen ist. Weitgehende Einigkeit besteht bestenfalls darin, dass das Geld seiner Bewältigung durch Wissenschaft und Theorie offenbar Probleme aufgibt. Der notorische Begriff dafür, der von einer Reihe Autoren verwendet wurde, ist das Geldrätsel.  Wenn aber das Geld keine allseits akzeptierte Bestimmung gefunden hat und rätselhaft geblieben ist, legt das zwei Konsequenzen nah. Zum einen scheint dem Geldrätsel nur arbeitsteilig beizukommen zu sein, in einer gemeinsamen Kraftanstrengung. Und zum anderen muss der Gegenstand der gemeinsamen Kraftanstrengung diese Rätselhaftigkeit des Geldes sein – vielleicht führt, so unser Gedanke, gerade dieser Umweg über die Bestimmung seiner Rätselhaftigkeit zu einer angemessenen Bestimmung des Geldes. Ja, wenn es gelingt, seine Rätselhaftigkeit zu bestimmen, so ist das vielleicht bereits die Lösung des Geldrätsels.

Von diesen beiden Konsequenzen ausgehend, hat das Buch sich vorgenommen, drei Dimensionen zu bestimmen, die das Geld gleichsam von sich aus herausfordert. Die drei Dimensionen, die zugleich den drei Teilen des Buches „Chronos“, „Kosmos“ und „Logos“ entsprechen, sind 1.) die Ökonomie der Zeitlichkeit, die das Geld eröffnet und geradezu mit sich bringt, 2.) die Kosmologie, die es dadurch in der Moderne entwirft, sowie 3.) die Logik, die es zu etablieren scheint. Die drei Dimensionen werden von den drei Autoren jeweils im Rückgriff auf drei große Geld-Theorien und ihre Autoren vorgenommen, nämlich im Rückgriff auf Marx, Simmel und Hayek. Geld bringt mit der kapitalistischen Moderne also eine Temporalität, einen Kosmos und eine Logik mit sich, und wir argumentieren, dass in allen drei Fällen ein Entzug und Verschwinden des Geldes in diese drei Dimensionen von Anfang an im kapitalistischen Geld angelegt ist.

Was die Dimension der Zeit angeht, so setzt das Geld durch die Quantifizierung gesellschaftlicher Verhältnisse, insbesondere durch die In-Wert-Setzung und Quantifizierung sowohl der Arbeits- und Produktionsverhältnisse als auch ihrer Resultate, der Waren, eine „Ökonomie der Zeit“ (Marx) in Kraft.

Mit dem kapitalistischen Geld fängt indes nicht nur eine neue – quantifizierte – Zeit durch einen ökonomischen Umgang mit ebendieser Zeit an, es fängt auch eine neue Kosmologie an. Sie fällt zusammen mit der „kopernikanischen Wende“, durch die das alte Weltbild gestürzt und durch einen neuen, nun nicht mehr geozentrischen und gottgegebenen Kosmos ersetzt wurde: Die alten „Verschuldungszusammenhänge“ werden ersetzt durch einen „Bereicherungszusammenhang“. Dieser Bereicherungszusammenhang hängt an einem Geld, das einerseits quasi aus dem Nichts geschöpft werden kann, weil andererseits Reichtum in abstrakter Form unendlich vermehrbar zu sein scheint. Reichtum scheint nicht mehr, wie in vor- und nicht-kapitalistischen Gesellschaften, eine Art Nullsummenspiel zu sein, das letztlich nur auf der Auf-, Ein- und Verteilung einer gottgegebenen und zugleich quasi natürlichen Endlichkeit beruht (darum „Verschuldungszusammenhang“). Vielmehr scheint Reichtum, obzwar er immer ein endliches Dasein führt, aus sich selbst heraus ins Unendliche vermehrbar zu sein – jedoch, ohne dass klar wäre, auf welche Weise dieses Unendliche durch Geld in Anspruch genommen, bewirtschaftet und ökonomisiert wird. Das Unendliche scheint eine Art unsichtbares Drittes zu sein, bei dem sich der kapitalistische Bereicherungszusammenhang durch Geldvermehrung und Wachstum verschuldet und das durch die ständigen gesellschaftlichen Krisen ebenso im endlichen Dasein beständig wiederkehrt, wie es verdrängt wird.

Mit dem kapitalistischen Geld hält schließlich auch eine ökonomische Rationalität und Logik Einzug. Einerseits scheint diese Logik quasi natürlich zu sein, ganz so, als käme im Kapitalismus endlich eine Rationalität zu sich, die überhistorisch ist und insofern schon immer gegolten haben müsse. Andererseits kann die Wirtschaftswissenschaft nicht angeben, was genau im Preis eigentlich in Wert gesetzt ist und was diese geheimnisvolle Qualität ist, die quantifiziert wird. Vor allem aber kann sie die Qualität des Quantifizierens selbst, die uns durch das Geld gegeben ist, nicht recht angeben. So wurde einerseits, besonders im Zuge des Neoliberalismus, die Quantifizierung auf alle gesellschaftlichen Bereiche ausgedehnt und noch zur Lösung der dadurch entstehenden Probleme eingesetzt (schlagendes Beispiel ist der Emissionshandel), während andererseits die Logik des Quantifizierens selbst ein blinder Fleck blieb.

Das Geld verschwindet also nicht erst, wenn es elektronisch und digital wird. Vielmehr ist es das Wesen des Geldes, sich in seine Darstellungsweise zu entziehen. Es präsentiert uns in diesem Entzug unmittelbar eine Zeitökonomie, ein Weltbild und eine Logik und Rationalität, die jeweils vertrackterweise durch das Geld und durch seinen Entzug so erscheinen, wie sie (schon) ohne Geld zu sein scheinen. Das Geld löst durch die Quantifizierung gesellschaftlicher Verhältnisse einerseits eine kapitalistische Ökonomie der Zeit ein, und entzieht sich dadurch andererseits in eine Zeit, die durch Geld quantitativ anwesend wird; die Schöpfung und Vermehrung des Geldes und des abstrakten Reichtums führt in der Moderne zu einer radikal neuen Kosmologie, die das Unendliche auf eine unklare Weise in Anspruch nimmt und im Wachstumszwang verendlicht; und das Geld beherrscht eine ökonomische Rationalität, die durch Werte und Preisinformationen mit dem Rechnen des Geldes rechnet, ohne dieses Rechnen des Geldes selbst zu fassen zu kriegen.

In Kürze erscheint eine noch umfangreicher angelegte arbeitsteilige Kraftanstrengung zur Bestimmung des Geldes, nämlich das Handbook of Philosophy and Money. In 2 Bänden wird die Geschichte des Verhältnisses von Geld und Philosophie von der Antike bis zur (Post-)Moderne von einer Vielzahl von Wissenschaftler:innen und Philosoph:innen rekonstruiert.

Frank Engster, Aldo Haesler, Oliver Schlaudt: Kleine Philosophie des Geldes im Augenblick seines Verschwindens, Berlin: Matthes & Seitz.

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Autor: Erik Meyer Digitaler Euro eFin-Blog EU-Politik Farbe: gelb

Der digitale Euro: Momentaufnahmen aus dem Maschinenraum der Politik

Der digitale Euro: Momentaufnahmen aus dem Maschinenraum der Politik

Ein Beitrag von Erik Meyer

15. März 2024

Im Februar 2024 wurde auf verschiedenen Ebenen an den politisch-rechtlichen Voraussetzungen für ein digitales Zentralbankgeld in der Eurozone gearbeitet. Ein Blick auf Aktivitäten in Berlin und Brüssel.

Von einer geplanten „großen Anhörung“ war bei der Plenardebatte Anfang November 2023 im Bundestag die Rede, als zwei Anträge der Opposition zur möglichen Einführung eines digitalen Euros behandelt wurden. Nun lässt sich darüber streiten, was eine „große Anhörung“ in einem Ausschuss des Bundestags auszeichnet. Neun Sachverständige hatten die Fraktionen für die zweistündige öffentliche Anhörung am 19. Februar 2024 im Finanzausschuss benannt. Außerhalb der Fraktionskontingente nahm für die Deutsche Bundesbank deren Vorstandsmitglied Burkhard Balz Stellung. Abwesend waren auf Seiten der Abgeordneten die Gruppe „Die Linke“ und die Gruppe BSW, die zwar keine Sachverständigen benennen durften, aber auch Fragezeit gehabt hätten. Ein Fragenkatalog wurde vorab nicht erstellt, wie es bei anderen Anhörungen durchaus üblich ist.

Insofern war die ganze Veranstaltung durch das Dilemma gekennzeichnet, das bereits die Debatte im Plenum geprägt hatte: Die formale Frage, wer denn nun wie im auf EU-Ebene begonnenen politischen Prozess über die Ausgestaltung eines digitalen Euro mitentscheiden soll, wurde mit der inhaltlichen Frage, was von dem Vorhaben zur Einführung eines digitalen Zentralbankgelds in der Eurozone zu halten sei, vermischt. Geladen waren einerseits Wissenschaftler, die Aspekte des digitalen Euro aus der Perspektive verschiedener Disziplinen beurteilten. Andererseits Stakeholder, die diesbezüglich vor allem wirtschaftliche Interessen vertraten.

Eine dezidiert gemeinwohlorientierte Perspektive, wie sie etwa die Verbraucherzentralen im Hinblick auf Bedürfnisse der Bürger:innen artikulieren könnten, fehlte. Auch auf die in den Anträgen der Unions- sowie der AfD-Fraktion formulierten Vorstellungen von einer „Zustimmungspflicht der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten“ (Union) bzw. einer „Volksbefragung“ in Deutschland zu dieser Angelegenheit (AfD) wurde in den von vielen Expert:innen vorab vorgelegten schriftlichen Stellungnahmen nur im Einzelfall eingegangen. Der von der SPD-Fraktion geladene Jurist Ulrich Hufeld sprach sich gegen einen Zustimmungsvorbehalt des Bundestags bei der Einführung eines digitalen Euro aus. Er stützte damit die bei der Plenardebatte aus den Regierungsfraktionen vertretene Meinung, was wiederum die voraussichtliche Ablehnung der Anträge am Ende des parlamentarischen Prozesses impliziert.

Überwiegend nüchterne Kosten-Nutzen-Kalkulationen

Ansonsten drehte sich die Anhörung vor allem um generelle und konkrete Vorbehalte gegen das Projekt. Die fortbestehende Bedeutung von Bargeld wurde allseits unterstrichen. Ein größeres Thema war die Frage danach, welche Konsequenzen ein digitaler Euro für das private Bankensystem und etwa die Kreditvergabefähigkeit der Institute hätte. Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Ulrich Reuter, sagte als Vertreter des von der FDP-Fraktion geladenen Verbands „Die Deutsche Kreditwirtschaft“, die deutschen Banken würden mit Umsetzungskosten von einer Milliarde Euro für den digitalen Euro rechnen. Solche Kosten müssten auch durch Gebühren refinanziert werden können. Befürchtet wird darüber hinaus, dass die Bankeinlagen von Bürger:innen abfließen könnten, da sie diese dann in digitalem Zentralbankgeld halten könnten. Die Einschätzungen über mögliche Auswirkungen eines solchen Szenarios gingen allerdings auseinander. Reuter konnte sich bei der Höhe des Haltelimits nur wenige hundert Euro vorstellen, ohne dass es zu relevanten Beeinträchtigungen kommen würde. Andere Akteure aus der Digital- und Zahlungsbranche betonten die Wahrnehmung von Innovations- und Kooperationspotenzial etwa mit den avisierten Angeboten der privatwirtschaftlichen European Payments Initiative, die ebenfalls vertreten war. Bundesbanker Balz sah sogar die Option, auch staatliche Transferleistungen an Privathaushalte via digitalem Euro abzuwickeln. Eine dezidiert ablehnende Haltung nahm ausschließlich der von der AfD-Fraktion geladene Ökonom Philipp Bagus ein, der den digitalen Euro zusammenfassend als „Teufelswerk” charakterisierte.

Die Frage, wie Akzeptanz und Vertrauen durch sowie ein besonderer Nutzen für die Bürger:innen erzielt werden könnte, wurde vor allem im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre diskutiert. Der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geladene Professor für Datensicherheit und -schutz, Rainer Böhme, sowie der von der FDP-Fraktion geladene Vertreter der Digital Euro Association, Jonas Gross, betonten hier die Notwendigkeit angemessener technischer Lösungen, aber auch die Bedeutung, die die Anwendung von Open-Source-Prinzipen für mehr Transparenz und Sicherheit entfalten könnten. Insofern bildete die Anhörung1Ihre Aufzeichnung, ein zusammenfassender Text, die Liste der Sachverständigen sowie die von einigen vorgelegten schriftlichen Stellungnahmen sind im Online-Angebot des Deutschen Bundestags hier» verfügbar. im Bundestag zentrale Konfliktlinien und Interessenlagen ab, die in der Debatte um den digitalen Euro virulent sind.

Beratungen in Brüssel

Bei der Anhörung im Bundestag hatte die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Antje Tillmann, bereits vorab beklagt: „Leider hat die EZB eine Einladung in den Finanzausschuss abgelehnt (…). Das ist sehr bedauerlich und trägt nicht zu einem offenen Diskurs bei.“2Pressemitteilung der CDU/CSU-Fraktion», 16. Februar 2023. Gleichwohl ist die Europäische Zentralbank regelmäßig beim zuständigen Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des Europäischen Parlaments zu Gast. So gab Piero Cipollone, Mitglied des EZB-Direktoriums, erst am 14. Februar 2024 dort „Einblicke in die Vorbereitungsphase für einen digitalen Euro“  und seine einleitenden Bemerkungen sind sogar schriftlich in deutscher Sprache verfügbar.3 Einzusehen auf der Webseite der EZB hier» Dieser Ausschuss befasst sich auch federführend mit dem Legislativvorschlag zur Einführung eines digitalen Euro. Ein abschließendes Votum über Änderungsvorschläge, das dann wiederum die Grundlage für eine Abstimmung des Europäischen Parlaments darstellt, hat ECON bislang noch nicht vorgelegt.4Der letzte bei der Abfassung dieses Beitrags schriftlich vorliegende Stand ist ein noch nicht finalisierter Entwurf vom 9. Februar 2024. Hier» das entsprechende PDF-Dokument. Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE), der diese Materie mitberät, hat aber schon Stellung mit dem Fokus auf Aspekte des Datenschutzes genommen. Das Abstimmungsergebnis vom 15. Februar 2023 über dieses Dokument signalisiert prinzipiell eine breite parlamentarische Zustimmung zum Vorhaben durch 48 Ausschussmitglieder bei sechs Gegenstimmen und sieben Enthaltungen.

Als dritte für das Gesetzgebungsverfahren relevante Instanz ist neben der Kommission und dem Parlament der Rat der Europäischen Union, in dem die Regierungen der Mitgliedsstaaten vertreten sind, mit dem Thema befasst. Dieser beriet das Thema Ende Februar 2024 intern auf Expert:innen-Ebene in einer Arbeitsgruppe. Darüber berichtet Maximilian Henning für das kostenpflichtige Angebot Tagesspiegel Background: Digitalisierung & KI.5 Maximilian Henning: Ab wann braucht der digitale Euro eine Offline-Funktion, Tagesspiegel, 1. März 2024. Demnach stand die geplante Offline-Funktion eines digitalen Euro im Fokus dieser Beratungen. Damit sollen finanzielle Transaktionen etwa zwischen privaten Nutzer:innen in einem bestimmten Umfang möglich sein, auch ohne dass die Beteiligten dabei online sein müssen. Die Realisierung dieser gewünschten Funktionalität erscheint allerdings als eine große technisch-organisatorische Herausforderung. Deshalb wird diskutiert, ob sie für die Erstausgabe des digitalen Euro in der betreffenden Verordnung als verpflichtendes Feature verankert wird.

Vor dem Hintergrund dieser Schlaglichter auf den politischen Prozess in Berlin und Brüssel wird deutlich, dass die eigentliche Entscheidung über den Legislativvorschlag für einen Rechtsrahmen zum digitalen Euro im institutionellen Dreieck von Kommission, Parlament und Rat aller Voraussicht nach nicht vor der Europawahl Anfang Juni 2024 fällt. Dies würde zumindest die Möglichkeit eröffnen, über das Vorhaben im Wahlkampf eine inhaltliche Diskussion mit den Bürger:innen zu führen. Dass diese potenzielle Quelle demokratischer Legitimation produktiv genutzt wird, zeichnet sich bislang allerdings nicht ab.

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    Ihre Aufzeichnung, ein zusammenfassender Text, die Liste der Sachverständigen sowie die von einigen vorgelegten schriftlichen Stellungnahmen sind im Online-Angebot des Deutschen Bundestags hier» verfügbar.
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    Einzusehen auf der Webseite der EZB hier»
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    Der letzte bei der Abfassung dieses Beitrags schriftlich vorliegende Stand ist ein noch nicht finalisierter Entwurf vom 9. Februar 2024. Hier» das entsprechende PDF-Dokument.
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    Maximilian Henning: Ab wann braucht der digitale Euro eine Offline-Funktion, Tagesspiegel, 1. März 2024.
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Autor: Barbara Brandl eFin-Blog Farbe: blau

Was die Digitalisierung des Geldes mit sozialer Ungleichheit zu tun hat

Was die Digitalisierung des Geldes mit sozialer Ungleichheit zu tun hat

Ein Beitrag von Barbara Brandl1Der Blogbeitrag ist eine Zusammenfassung des englischsprachigen Artikels der Autorin und ihren Koautor:innen David Hengsbach und Guadalupe Moreno im Socio-Economic Review, 2024, Vol. 00, Nr. 0, S. 1-23: Small money, large profits: how the
cashless revolution aggravates
social inequality»
.

1. März 2024

Seit 2020 ist das wertvollste Unternehmen in der Finanzbranche nicht mehr wie jahrzehntelang zuvor eine Privatbank, sondern das Kreditkartenunternehmen Visa. Was ist geschehen? Traditionell waren mit dem Zahlungsgeschäft nur geringe Gewinnmargen verbunden. Profite steckten hingegen in den beiden anderen Geschäftsbereichen der Banken: Investition und Vermögensverwaltung. Was hat also den Zahlungsverkehr so lukrativ werden lassen?

Die Antwort ist: die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs. Und das hat – so meine These – enorme Auswirkungen auf das wirtschaftliche Leben in modernen Gesellschaften. Denn die Digitalisierung verändert die Bedingungen unserer täglichen Transaktionen tiefgreifend. Die öffentliche Diskussion um die „Abschaffung des Bargelds“ und Digitalisierung des Bezahlens wird allerdings bislang sehr einseitig geführt. Dabei wird vor allem die Gefahr hervorgehoben, die fortschreitende Digitalisierung gebe den großen Tech-Unternehmen Zugang zu sensiblen Daten. Übersehen werden hingegen das Ausmaß und die Bedeutung, die die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs für die Dynamiken der sozialen Ungleichheit entfaltet.

Die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs als tiefgreifende Transformation unserer alltäglichen Transaktionen

Der Zugang zu Zahlungssystemen ist in modernen Gesellschaften existenziell. Wer keinen Zugang zu den Infrastrukturen hat, über die der überwiegende Teil der täglichen Transaktionen – wie etwa der Kauf von Lebensmitteln oder die Entlohnung von Arbeit ­ abgewickelt wird, ist gesellschaftlich isoliert. Gleichzeitig war gerade die Herauslösung der meisten Transaktionen aus ihrem sozialen Gefüge, wie es der Soziologe Georg Simmel bereits im Jahre 1900 herausgearbeitet hat, eine wesentliche Grundbedingung für die Individualisierung und damit für moderne Gesellschaften: Arbeit muss nicht mehr im Familienverband verrichtet werden, sondern kann unter vertraglich fixierten Bedingungen in einem Unternehmen erbracht und entlohnt werden. Lebensmittel werden nicht mehr in einem komplexen sozialen Geflecht selbst hergestellt oder getauscht, sondern können nahezu ohne jegliche soziale Interaktion in einem Supermarkt käuflich erworben werden. Und für diese Transformation von der Agrargesellschaft in moderne Gesellschaften war Geld die notwendige Vorbedingung. Und zwar Geld in seiner Funktion als Tauschmittel: also als jene allgemein verfügbare Infrastruktur, durch die es ermöglicht wird, dass Individuen nach Abschluss einer Transaktion auseinandergehen und quitt – im Sinne von sich nichts mehr schuldig – sind.

In Form territorialer Währungen stellten diese Infrastruktur die aufstrebenden Nationalstaaten des 19. Jahrhunderts bereit. Durch den Einsatz industrieller Technologie bei ihrer Herstellung gelang es nun erstmals, die eigenen Territorien mit ausreichend kleinen Münzen zu versorgen. Eine Aufgabe, an der die mittelalterlichen Stadtstaaten häufig gescheitert waren und damit regelmäßig Wirtschaftskrisen heraufbeschworen hatten. Mit den nun industriell erzeugten Münzen gelang es innerhalb der nationalstaatlichen Territorien zum ersten Mal, den überwiegenden Teil einer Bevölkerung in ein für das alltägliche Leben zusehends entscheidendes Marktgeschehen einzubinden.

Mit der schwindenden Bedeutung des Bargeldes verschiebt sich nun dieses für mehr als hundert Jahre grundlegende Arrangement. Während Bargeld eine öffentliche Infrastruktur ist, basieren alle bargeldlosen Zahlungen auf einem Netzwerk, das private Unternehmen zur Verfügung stellen. Die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs bedeutet also im Kern, dass eine öffentliche Infrastruktur in eine private umgewandelt wird. Bargeld ist insofern eine öffentliche Infrastruktur, als dass sie der Staat in Gestalt der Zentralbank zur Verfügung stellt und damit alle Kosten der Etablierung und Unterhaltung dieser Infrastruktur trägt, sei es der Druck der fälschungssicheren Noten oder ihre Distribution. Alle digitalen Zahlungen laufen hingegen über die Systeme der Geschäftsbanken bzw. der Kreditkartenfirmen. Und diese müssen die Bereitstellung solcher Leistungen amortisieren. Die Umstellung von einer öffentlichen auf eine private Infrastruktur hat nun eine schwerwiegende Konsequenz: Während von der Nutzung von Bargeld niemand ausgeschlossen werden kann, ist dies bei digitalen Zahlungsverfahren anders. Hier entscheiden private Firmen über den Zugang bzw. zu welchen Kosten dieser gewährt wird.

Aus Zahlungen Gewinne machen – die Entstehung der Payment Industry

Durch die sukzessive Ersetzung von Bargeld durch digitale Alternativen entstand eine neue, rasant wachsende Branche: die sogenannte payment industry. In der ersten Welle der Digitalisierung, geprägt durch die Einführung von Kartenzahlungen seit den frühen 1960er Jahren, behielten die traditionellen Akteure des Finanzsektors, die Banken, die Oberhand. Dies änderte sich in der zweiten Welle der Digitalisierung, die spätestens mit den 2010er Jahren einsetzte und durch das Aufkommen der Smartphones gekennzeichnet ist. Nun stiegen die Gewinnaussichten erheblich und der Markt für Zahlungsdienstleistungen wurde dadurch attraktiv für eine ganze Reihe an Akteuren wie etwa Mobilfunkanbieter, Start-ups sowie die großen Technologiefirmen wie Google oder Apple. Diese veränderten Gewinnpotenziale haben aber eine konkrete Ursache: die Transformation des Akts der Zahlung an sich – mit großen sozioökonomischen Folgen.

Die erste und nach wie vor bedeutendste Veränderung des Zahlungsaktes war seine Verknüpfung mit der Entstehung von Kredit. Ist bei Bargeldzahlung der Prozess von Zahlung und Kredit strikt getrennt, ändert sich dies mit der Einführung der Kreditkarte und später der Debitkarte.2Beide Karten erlauben es ihren Nutzer:innen, mehr auszugeben, als sie an Kontoguthaben besitzen. Die Kreditkarte sammelt die Zahlungen, bietet kurzfristigen Kredit und zieht den Betrag erst am Monatsende gebündelt vom Konto ab. Die Debitkarte ist unmittelbar an das Girokonto geknüpft, der Abzug erfolgt daher zügiger und einzeln, die meisten Besitzer:innen können damit aber qua Dispokredit ihr Konto überziehen. Bei Nutzung dieses ersten und auch weiterhin wichtigsten Instruments des bargeldlosen Zahlens wird jeder Zahlungsvorgang potenziell mit der Entstehung von Konsumkrediten verwoben – und damit mit einer Kreditform, welche soziale Ungleichheitsdynamiken ganz besonders befeuert. Wieso? Während andere an Eigentum geknüpfte Kreditformen wie etwa der Hypothekarkredit in aller Regel dazu dient, ein bereits vorhandenes Vermögen zu mehren und insbesondere von höheren Klassen und Schichten in Anspruch genommen wird, verhält es sich bei Konsumkrediten genau umgekehrt. Waren auch die zu Beginn eher vermögenden Schichten vorbehalten, führte ihre breitere Verfügbarkeit ab spätestens den 1990er Jahren dazu, dass vielfach insbesondere Menschen aus niedrigeren Klassen und Schichten solche Konsumkredite in Anspruch nehmen. Aber das zu meist schlechteren Konditionen, die die ohnehin schon prekäre Situation des Kreditnehmers zusätzlich verschärfen. Zunehmende Marktanteile bargeldloser Zahlungen sowie die Expansion digitaler Finanzdienstleistungen in Ländern des globalen Südens verstärkten diesen Trend noch. Und inzwischen ist fast jeder, der bargeldlose Zahlungen tätigt, potenziell Kreditnehmer – aber von Krediten zu miserablen Konditionen.

War bereits mit dem Aufkommen der Kartenzahlungen, also der ersten Digitalisierungswelle im Finanzsektor, die Verknüpfung der Zahlung mit der Entstehung von Konsumkredit erfolgt, ergab sich mit der zweiten Welle eine weitere Einnahmequelle: die Verwertung der im Zahlungsprozess entstandenen Daten. Diese werden zu einem Rohstoff, der weiterverarbeitet und verkauft werden kann. Diese im Zahlungsprozess generierten Daten dienen einerseits als vermarktbare Voraussetzung, um passgenaue Werbung zu platzieren. Anderseits dienen sie den Unternehmen der Finanzbranche nun auch dazu, um an die Bonitäten der Nutzer:innen angepasste Finanzprodukte zu kreieren. Dies können dann sogenannte Subprime-Kreditkarten sein, für die Nutzer:innen in den Vereinigten Staaten schon mal 30 % Überziehungszinsen zahlen.

Die politische Regulation der digitalen Transformation

Die digitale Transformation des Zahlungssektors und damit die sozioökonomischen Folgen, die dieser Prozess mit sich bringt, sind kein notwendiger Digitalisierungseffekt, sondern im Gegenteil in hohem Maße politisch gestaltbar. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn man die unterschiedlichen Pfade betrachtet, die einzelne Nationalstaaten oder eben auch supranationale Gebilde wie die Eurozone gehen. So werden die Bedingungen, die es Unternehmen erlauben, im digitalen Zahlungsverkehr Gewinne zu machen und damit die sozioökomischen Folgen, die sie für die Bevölkerung haben, von der Regulation der payment industry bestimmt. Die Vereinigten Staaten und die Eurozone haben hier radikal unterschiedliche Strategien gewählt.

So sind in den Vereinigten Staaten die Gewinne für die Unternehmen in der Zahlungsindustrie besonders hoch, sie betragen nach einer Schätzung von McKinsey3McKinsey&Company: The 2022 McKinsey Global Payments Report». jedes Jahr pro Person 1.300 Dollar. Demgegenüber sind die Gewinne der Banken, Kreditkartenfirmen und Start-ups im europäischen Zahlungssektor geradezu mickrig. Sie betragen für Deutschland um die 300 Dollar pro Person pro Jahr, was im Vergleich mit den europäischen Nachbarn im unteren Mittelfeld liegt: in Frankreich sind es 400 Dollar, in den Niederlanden 250 Dollar, in Spanien 600 Dollar. Die europäischen Unternehmen können also nur ein Viertel bis die Hälfte der Gewinne realisieren, die ihre US-amerikanischen Gegenüber machen. Ursächlich dafür sind die Möglichkeiten der Unternehmen, den Zahlungsprozess in einen Vorgang zu verwandeln, der Gewinn für sie abwirft.

Und diese Optionen sind stark durch die Regulation des Zahlungsverkehrs und der Gebühren, die hier erhoben werden können, eingeschränkt. Während in den meisten asiatischen Ländern der überwiegende Anteil der Kosten von den Händlern abgeschöpft wird, ist dies in Europa sowie in Nord- und Südamerika anders: hier kommen überwiegend die Konsument:innen für die Nutzung der digitalen Zahlungsinfrastruktur auf. Neben den verdeckten Gebühren im Zahlungsprozess, die insbesondere in den Vereinigten Staaten erheblich sind, sind es vor allem die Zinsen auf Überziehungskredite, die große Verdienstmöglichkeiten bieten. Während diese in der Eurozone bei 8 % liegen, liegen diese in den USA im Durchschnitt bei fast 20 % und für „bad credit“, also bei Subprime-Kreditkarten, gar bei 30 % (siehe Abbildung 14Datenquellen: Für die USA: Dilworth, Kelly und Tang, Kaytlin 2023: Average credit card interest rates: Week of August 2, 2023. Für die Eurozone: Knops, Kai-Oliver und Fromm, Calvin, 2022: Consumer protection in the context of overdraft facilities and overrunning. Für Euribor: ECB, 2023a. Für USD Libor: ECB, 2023b.).

Radikal unterschiedliche Pfade, die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs politisch zu gestalten: Eurozone und Vereinigte Staaten

Neben der bereits angesprochenen Ungleichheitsdynamik, die mit Kreditkartenkrediten einhergeht, gibt es eine weitere Dimension der sozialen Ungleichheit, die mit der zunehmenden Digitalisierung des Zahlungsverkehrs einhergeht: der partielle oder vollständige Ausschluss aus dem formalen Bankensystem. Insbesondere in den Vereinigten Staaten ein ernstzunehmendes Problem, waren hier 2021 5 % der Haushalte ohne Zugang zu einem Bankkonto (unbanked) und weitere 14 %5Federal Deposit Insurance Cooperation (FDIC): FDIC National Survey of Unbanked and Underbanked Households, 2021, Zugriff: 5. Oktober 2023. nutzten informelle Finanzdienstleistungen außerhalb des Bankensektors (underbanked) für Geldtransfers oder kleinere Kredite. Dies bedeutet, dass dort das derzeitige Bankensystem den Bedürfnissen von fast 20 % der Konsument:innen nicht gerecht wird. Der Anteil der Menschen, die ganz oder teilweise vom Bankensystem ausgeschlossen sind, variiert stark nach ethnischer Gruppe, Bildung und Einkommen. Während nur 2 % der weißen Bevölkerung keinen Zugang zu einem Bankkonto hat, betrifft dies über 11 % der afroamerikanischen und 9,3 % der hispanoamerikanischen Bevölkerung. Die Situation in der Eurozone ist hier glücklicherweise weniger ernst. Im Jahr 2021 hatten 99 % Zugang zu einem Bankkonto und während es in den Vereinigten Staaten eine Vielzahl von Anbietern für informelle Finanzdienstleistungen gibt, sind diese in Europa (ausgenommen von Anbietern für Rücküberweisungen) gänzlich unbekannt. In Abbildung 26Datenquellen: The World Bank, 2022: The Global Findex Database 2021, eigene Berechnungen. unten sehen wir die Unterschiede zwischen den USA und der Eurozone darin, wieviele Bürgerinnen und Bürger mit niedrigem Bildungsniveau, das hier als Proxy-Variable für das Einkommen verwendet wird, ein Bankkonto besitzen. In den USA hatten 2021 weniger als 60 % der Bevölkerung mit lediglich Primarausbildung ein Bankkonto; in der Eurozone lag dieser Anteil bei 97 %.

Die privilegierte Position der Verbraucher:innen im Zahlungsverkehr in der Eurozone hat allerdings einen hohen Preis: die Abhängigkeit von US-amerikanischen Unternehmen. So brachten die hohen Gewinnmöglichkeiten in den Vereinigten Staaten sehr erfolgreiche Unternehmen (Visa & Mastercard) und Start-ups (Paypal) hervor, die den europäischen Markt quasi als Nebenerwerb mitbedienen. Demgegenüber ist es durch die geringen Gewinnmargen in der Eurozone bisher keinem Unternehmen gelungen, eine Infrastruktur für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr in der EU zu entwickeln und anzubieten. Während es innerhalb von einzelnen (großen) Ländern, etwa Frankreich und Deutschland, nationalstaatliche Lösungen (Girocard bzw. carte bancaire) gibt, basieren alle grenzüberschreitenden Zahlungen innerhalb Europas auf der Infrastruktur der US-amerikanischen Kreditkartenfirmen Mastercard und Visa. Aber die Kreditkartennetzwerke stellen nicht nur eine Herausforderung für den relativ kleinen Markt für grenzüberschreitende Zahlungen im Euroraum dar. Sie bedrohen auch die von der öffentlichen Hand geförderten nationalen Kartensysteme. In vielen Ländern des Euroraums wurden diese nationalen Kartensysteme in den 2010er Jahren aufgegeben. So verfügten im Jahr 2018 nur noch zehn der damals neunzehn Länder des Euroraums über ein eigenes nationales Kartensystem. In Deutschland kann der Wettstreit zwischen den US-amerikanischen Kartenanbietern und dem von der öffentlichen Hand geförderten Girosystem quasi in Echtzeit beobachtet werden. So kündigte 2023 Mastercard die Kooperation mit Maestro – und damit mit dem deutschen Girosystem.

Während in den Vereinigten Staaten große Bevölkerungssegmente durch die Digitalisierung und die damit verbundene Dominanz einzelner Unternehmen bereits vom Bankensystem ganz oder teilweise ausgeschlossen sind, besteht diese Gefahr in Deutschland bisher nur potenziell. Aber die einzige Möglichkeit, dieser gegebenen Gefahr aktiv entgegen zu wirken, ist der Aufbau einer tatsächlichen Alternative zu der Dominanz US-amerikanischer Unternehmen. Im europäischen Kontext ist dies der Aufbau einer öffentlichen Infrastruktur zur Abwicklung digitaler Zahlungen – wie sie der digitale Euro darstellen sollte.

Redaktionsnotiz: Der Blogbeitrag ist eine Zusammenfassung des englischsprachigen Artikels der Autorin, David Hengsbach und Guadalupe Moreno im Socio-Economic Review, 2024, Vol. 00, Nr. 0, S. 1-23: Small money, large profits: how the cashless revolution aggravates social inequality».

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Autor: Petra Gehring Coinzeit 3000 eFin-Blog Farbe: hellblau

Coinzeit 3000 #7: Token

Ein Beitrag von Petra Gehring

15. Februar 2024

Rachel O’Dwyer schreibt als kluge Ethnologin des digitalisierten Bezahl-Alltags. Ihre Umschau zum schillernden „Wert“ nicht nur von Kryptotoken liest sich hinreißend: man ist fasziniert von Vouchern, Giveaways, Amazon-Wishlists, Fortnite-Skins wie überhaupt Gaming-Währungen aller Art, des Weiteren: virtuellen Trophäen, Andenken, Memes – alles das ist informelles Digitalgeld!

„Throughout history, tokens have littered the edges of the economy …” (7). Dieser Ausgangsthese zufolge erscheint offizielles, staatlich abgesichertes und quasi vereindeutigtes Geld geradezu als moderne Ausnahme. Diesseits davon existieren Welten voller Wert-Zeichen, die zirkulieren, temporär in Geltung sind, Käuflichkeit organisieren und Macht verleihen. O‘Dwyer, die am National College of Art and Design in Dublin Digital Culture lehrt, nennt die Träger solcher Wertmarkensysteme (und ihr Buch) Tokens: „As something that is ‘not quite money’, tokens blur the hard edges between legitimate and illegitimate work and legitimate and illegitimate transactions.” (7) Vor der Digitalisierung kannten wir das vereinzelt auch: Rabattmarken, Lebensmittelkarten, Sammelbildchen. Im Netz kommen informelle Bezahlformen nun jedoch in großem Stil zurück: Aus Spiel wird Ernst.

“Tokens confer identity and access.” (10) Digitales Blingbling – nicht Geld, aber money-ish und überall klickbar zu haben sowie spielfigurenartig zu bewegen – ist auch Anerkennungsmittel. Das Wertzeichen kann besagen: Du bist wertvoll, und: Du bekommst genau deshalb, weil du so aussiehst oder dies tust, virtuelles Kapital. Das Spielgeld schafft also vertragsartige Bindungen und steuert: „Tokens can thus […] be a way of attaching special conditions to payments. They can bring spending, eating, parenting, and, well, living in line with the issuer’s objectives. Not just value, then, but values.” (vgl. 10) Ebenso schafft dieses Geld schlimme Belohnungssysteme: physische Demütigungswetten, sadistische “Mutproben”, Online-Sex: „The token is a communication designed to express itself not only with the channel, but immediately and directly on the body of the performer.” (23)

Im Ganzen ist Tokens nicht nur ein cooles, sondern auch ein politisches, zorniges Buch über Geld. Es gibt Kapitel über Tracking durch Geld, über Geld und Identitätsfeststellung, über Code als schlechten Ersatz für Recht und über das Metaverse („Litter is there to create Realism“, 271). Unbedingt lesenswert. Ein einziges Aber: die Begriffswahl. Was alles um Himmels willen nennt O‘Dwyer „Token“? Die Entscheidung für einen Schlüsselbegriff ist sicher immer ein kniffeliger Tauf-Akt. Und sicher ist mein Störgefühl dasjenige einer Philosophin. Token meint aber eben nicht nur Wertzeichen, sondern Zeichen ganz generell. Wären also alle Zeichensysteme letztlich Wertsysteme? Ist das die These: Bedeutung ist (oder wird im Netz) per se Wert?

Zum Einstieg bemerkt O’Dwyer selbst kurz, ihre Verlegerin fände den Begriff zu weit gefasst. Sie räumt ein: Tokens faszinieren als Grenzfall. „A token can be a game, a passcode, a ticket, a social tie, a keepsake, a bribe, a secret message, a gift, a promise, a vote, an ownership stake, a joke, a meme, an art, a flex, a bet, a law, another token.” (11 f.) Die Frage bleibt: Was genau meint more and less than money (11)? Absorbiert die digitale Bezahlfunktion letztlich sogar das Konzept des Zeichens selbst? Oder sprechen wir doch besser dezidiert von Wertzeichen, also von einer zusätzlichen Performance, die – sagen wir: einem digitalen Symbol oder Schriftzug zuwächst, sobald er als bezahlmittelartiger Anreiz Macht gewinnt? Zumindest theoriebegrifflich hieße letzteres: Zwischen „Token I“ (digitales Bezahlen) und „Token II, III, … n“ (Zeichensysteme ohne genau diesen beinahe-Geld-Effekt) wären zu unterscheiden. Auch einen Kapitalismus neuen Typs könnte man wohl nur dann scharf analysieren, wenn man nicht gleich alles im selben Sinne – und sei es ironisch – „Token“ nennt.

Rachel O’Dwyer: Tokens. The Future of Money in the Age of the Platform. London/New York: Verso 2023.

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Autor: Erik Meyer eFin-Blog Farbe: gelb

Coole Commons statt Krypto-Kapitalismus?

Coole Commons statt Krypto-Kapitalismus?

Ein Beitrag von Erik Meyer

1. Februar 2024

Der öffentliche Blockchain-Diskurs spielt sich, vereinfacht formuliert, zwischen zwei polarisierten Positionen ab: Die Befürworter:innen halten Blockchain und Kryptowerte für die ultimative Digital-Innovation eines technologiegetriebenen (Finanz-)Kapitalismus. Zuweilen gilt Tokenisierung hier gar als Lösung für die planetaren Probleme des Wachstumsparadigmas. Die Kritiker:innen sehen den gesamten Krypto-Komplex hingegen als einen Scam wie Schlangenöl oder als Ausdruck einer Ideologie der Lösbarkeit gesellschaftlicher Probleme durch immer neue Technologie-Konzepte und haben dafür den Begriff des Techno-Solutionism geprägt.

In dieser Diskurskonstellation bespielt Joshua Dávila als Content Creator mit der Medienmarke The Blockchain Socialist (Blog, Newsletter, Podcast und nun Buch) eine Nische. Er lässt sich als „organischer Intellektueller“1Dieser Begriff geht auf Antonio Gramsci zurück und bezeichnet bei ihm Intellektuelle, die aus einer sozialen Formation hervorgehen und deren Ideen artikulieren. einer Szene verstehen, die mit Blockchain & Co im weitesten Sinne sozialreformisch experimentiert. Mit Blockchain Radicals: How Capitalism Ruined Crypto and How to Fix It liefert der Autor gewissermaßen DEN Text dazu: historische Erzählung, weltanschauliche Einordnung, fachliche Er- und Aufklärung sowie jede Menge Beispiele für existente Anwendungen.

Ausgangspunkt seiner Abhandlung ist die Genese von Bitcoin aus dem Geist der Cypherpunks und im Kontext der Finanzkrise von 2008. Ohne (Zentral-)Banken fungiert hier die Blockchain als dezentrales Buchungssystem. Doch ist Bitcoin überhaupt Geld bzw. sein funktionales Äquivalent? Da hat Dávila seine Zweifel. Aus seiner Sicht ist dies eine – wenn nicht ideologische, dann doch interessierte – Engführung, die dann in einem reduktionistischen Verständnis von Krypto als Finance mündet. Doch „money-like“ sei eben nicht gleich Geld (73). Er versteht Kryptowerte vielmehr als Platzhalter für Geld (66). Mit dieser Interpretation rückt Dávila Krypto in den theoretisch-ökonomischen Horizont der Commons. Dort werden Ressourcen jenseits des kapitalistischen Marktes gemeinsam hergestellt und genutzt. Es wird ausgetauscht statt getauscht und Eigentumsrechte werden relativiert bzw. verflüssigt. Ein praktisches Problem dieser im Digitalen (z.B. Creative Commons) gebräuchlichen Komplementär-Ökonomie des Teilens ist in real life häufig die Skalierbarkeit. Oder generell die Governance.Weshalb auch die Rede von „The Tragedy of the Unmanaged Common“ (Garret James Hardin) der allgemeinen Klage über die Tragik der Allmende vorzuziehen sei. Ethisch designte Token-Ökosysteme könnten in diesem Kontext eine Möglichkeit für die Regulierung von Commons sein (116).

Im zweiten Teil des Werkes wendet der Autor seine so gewonnene Perspektive an, um DeFi zu dekonstruieren. Das ist analytisch originell, wie etwa Krypto als ein Schattenbanksystem zu verstehen (119). Der sozialutopische Tenor ist, dass mit den Möglichkeiten der Blockchain-Architektur nicht nur eine (echte) Dezentralisierung, sondern auch eine (echte) Demokratisierung der ökonomischen Sphäre machbar ist. Das wird nun weder libertär-staatsfern, noch neo-reaktionär gedacht, sondern genossenschaftlich-kooperativ. Aus der Orientierung am Paradigma der Koordination (161) folgt fast zwangsläufig ein historischer Verweis auf das aktuell wieder angesagte Projekt Cybersyn. Unter dem sozialistischen Präsidenten Salvador Allende intendierte die chilenische Regierung eine rechnergestützte Steuerung der Wirtschaft.2Ein Militärputsch beendete 1973 auch dieses kybernetische Experiment. Zum 50. Jahrestag erfuhr es zahlreiche Würdigungen und wurde u.a. ausführlich von Evgeny Morozov in seinem monumentalen Podcast-Projekt The Santiago Boys (https://the-santiago-boys.com) dokumentiert. Wer nun dem Blockchain-Sozialisten auf dem von ihm proklamierten Pfad des Techno-Probabilism (286) folgen mag, braucht aber nicht nur ein positives Menschenbild. Voraussetzung ist auch das Interesse an den Spielarten digital-linker Szenen und eines entsprechenden Jargons zwischen Informatik-Seminar und Theorie-Lesekreis.

Joshua Dávila: Blockchain Radicals: How Capitalism Ruined Crypto and How to Fix It (2023). London: Repeater 2023.

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    Dieser Begriff geht auf Antonio Gramsci zurück und bezeichnet bei ihm Intellektuelle, die aus einer sozialen Formation hervorgehen und deren Ideen artikulieren.
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    Ein Militärputsch beendete 1973 auch dieses kybernetische Experiment. Zum 50. Jahrestag erfuhr es zahlreiche Würdigungen und wurde u.a. ausführlich von Evgeny Morozov in seinem monumentalen Podcast-Projekt The Santiago Boys (https://the-santiago-boys.com) dokumentiert.
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Autor: Andreas Kerkemeyer Digitaler Euro eFin-Blog Farbe: gelb

Der digitale Euro: Ein erster Blick auf drei Herausforderungen

Der digitale Euro: Ein erster Blick auf drei Herausforderungen

Ein Beitrag von Andreas Kerkemeyer

15. Januar 2024

Langsam wird es ernst. Nach zahlreichen Diskussionspapieren der EZB, diversen Grundsatzreden von Mitgliedern des EZB Direktoriums, zahlreichen Stellungnahmen aus der Wissenschaft und ersten politischen Debatten hat die Kommission am 28. Juni 2023 ihren Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung des digitalen Euro» (dEuroVO-E) veröffentlicht. Im Anschluss hat die EZB im November 2023 die Vorbereitungsphase» eingeläutet, prüft also ganz konkret, ob und wie der digitale Euro eingeführt werden könnte. Damit schickt sich die Eurozone wahrscheinlich an, digitales Zentralbankgeld einzuführen.

Digitales Zentralbankgel lässt sich als Zahlungsmittel verstehen, das einen Anspruch gegenüber der herausgebenden Zentralbank begründet, in der jeweiligen Währung denominiert ist und ausschließlich digital emittiert wird. Der Verordnungsvorschlag der Kommission sieht genau dies vor. So wird der digitale Euro als „digitale Form der einheitlichen Währung“ (Art. 3 dEuroVO-E) umschrieben, der „eine direkte Verbindlichkeit der Europäischen Zentralbank bzw. der nationalen Zentralbanken gegenüber den Nutzern des digitalen Euro“ begründet (Art. 4 Abs. 2 dEuroVO-E). Diesem soll zudem der Status als gesetzliches Zahlungsmittel zukommen (Art. 7 Abs. 1 dEuroVO-E). Der digitale Euro soll also als weiteres gesetzliches Zahlungsmittel neben das Bargeld treten und im Euroraum allen natürlichen und juristischen Personen zur Verfügung stehen. Die EZB wird ihn nicht direkt „vertreiben“, vielmehr sollen Zahlungsdienstleister, also regelmäßig private Unternehmen, ihren Kundinnen und Kunden den Zugang zum digitalen Euro ermöglichen (vgl. Art. 13 dEuroVO-E).

Die Einführung des digitalen Euro wirft sehr unterschiedliche Fragen auf. Ich möchte an dieser Stelle nur drei herausgreifen: Erstens die Frage nach der Verbands- und Organkompetenz, also die Frage, ob die Union den digitalen Euro einführen darf und wenn ja, welche Organe dies tun dürfen. Zweitens die Frage, wie Desintermediationsgefahren und Bank Runs begegnet werden, also die Systemstabilität gesichert werden kann. Und drittens werden auch datenschutzrechtliche Belange zu klären sein.

Kompetenzfragen

Kompetenzfragen sind in einem politischen Mehrebenensystem unvermeidbar. Gleichzeitig gelten sie – diplomatisch ausgedrückt – gemeinhin als wenig spannend. Zudem werden Diskussionen darüber, wer welche Kompetenzen besitzt oder nicht, schnell als „Bremsklotz“ empfunden, geht es bei solchen Diskussionen doch zuvörderst um die rechtstechnische Machbarkeit und nicht oder weniger um die konkrete Ausgestaltung des jeweiligen politischen Anliegens. So gesehen liegen Kompetenzfragen quer zur Erörterung der politischen Alternativen.

Gleichwohl haben Kompetenzfragen innerhalb der Europäischen Union eine hohe Bedeutung. Denn die Union kann nur auf die Kompetenzen rekurrieren, die ihr in den Verträgen, also im Vertrag zur Europäischen Union (EUV) und im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nebst ihrer Protokolle eingeräumt wurden. Für die Organe der EU gilt das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung. Die Union hat also nicht das Recht, eigene Kompetenzen selbst zu begründen. (Im deutschsprachigen verfassungsrechtlichen Schrifttum wird ein solches Recht als „Kompetenz-Kompetenz“ umschrieben.) Diese Beschränkung der unionalen Kompetenz hat einen wichtigen Grund: der Einschränkung ihrer Gestaltungsspielräume haben die Parlamente der Mitgliedsstaaten zugunsten der Union zugestimmt, wollten dieser aber nur bestimmte Kompetenzen übertragen. Die unionale Rechtsordnung ist auch heute noch eine abgeleitete.

Der Verordnungsentwurf zur Einführung eines digitalen Euro stützt sich auf Art. 133 AEUV, demzufolge Rat und Parlament „Maßnahmen, die für die Verwendung des Euro als einheitliche Währung erforderlich sind“ erlassen. Allerdings sieht der Entwurf auch vor, dass der digitale Euro den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels erhalten soll (Art. 7 dEuroVO-E). Art. 128 AEUV bestimmt indes, dass die von der „Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten die einzigen Banknoten [sind], die in der Union als gesetzliches Zahlungsmittel gelten.“ (Art. 128 Abs. 1 S. 2 AEUV). Andere gesetzliche Zahlungsmittel werden in den Verträgen hingegen nicht erwähnt.

Hieraus lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, dass Art. 128 AEUV eine Art Kompetenzschranke begründet, die bei der Auslegung von Art. 133 AEUV zu berücksichtigen wäre und die zur Folge hätte, dass andere Zahlungsmittel nicht als gesetzliche Zahlungsmittel anerkannt werden könnten. Eine solche Lesart erscheint aus unterschiedlichen Gründen als deutlich zu weitgehend. Zunächst spricht bereits eine wortlautfixierte Betrachtung beider Artikel hiergegen. So spricht Art. 128 AEUV eben nicht aus, dass nur Euro-Banknoten gesetzliches Zahlungsmittel sein sollen. Vielmehr beschränkt er sich darauf, dass sie im Euroraum die Banknoten sind, denen der Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels zukommt. Zentrales Ziel der Regelung war es, den vor der Einführung des Euro existierenden nationalen Banknoten den Status des gesetzlichen Zahlungsmittels dauerhaft zu entziehen. Bei Art. 133 AEUV deutet nicht nur die weite sprachliche Fassung auf eine weitreichende Kompetenz der EU-Organe hin, auch eine Betrachtung, die nach der systematischen Einbettung von Art. 133 AEUV fragt, kommt zu keinem anderen Ergebnis. Denn mit der Einführung eines neuen gesetzlichen Zahlungsmittels werden zum einen die anderen gesetzlichen Zahlungsmittel nicht abgeschafft oder verdrängt; die entsprechenden Wertungen der Verträge werden also nicht überspielt. Zum anderen ist es unmittelbar einleuchtend, dass die nähere Ausgestaltung des Euro in die Hände derjenigen Körperschaft gehört, die für diesen verantwortlich zeichnet, also der Union. 

Im Ergebnis trägt Art. 133 AEUV den Verordnungsentwurf der Kommission. Da die Währungspolitik eine ausschließliche Kompetenz der Union darstellt, findet jedenfalls der kompetenzrechtliche Grundsatz der Subsidiarität, demzufolge die Union wenn sie nicht die ausschließliche Zuständigkeit hat, nur dann handelt, wenn ihre Maßnahmen wirksamer sind als nationale, regionale oder lokale, keine Anwendung.

Der zu verabschiedende Rechtsakt muss vom Rat und vom Europäischen Parlament beschlossen werden. Beide Organe müssen sich im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens einig werden. Die EZB ist in dem Verfahren „nur“ anzuhören (S. 2), kann aber auf diesem Wege ihre Expertise einbringen.

Systemstabilität

Eine Vielzahl der Diskussionspapiere, die von der EZB im Rahmen der Diskussion über die Einführung des digitalen Euro lanciert wurden, beschäftigt sich mit der Frage, welche Auswirkungen der digitale Euro auf die Stabilität der Finanzmärkte haben könnte (siehe bspw. hier» und hier»). Diskutiert wird etwa die Frage, ob die Einführung von digitalem Zentralbankgeld die Gefahr von Bank Runs für einzelne Banken erhöhen würde. Unter einem Bank Run lässt sich der plötzliche Liquiditätsabfluss einer Bank verstehen, durch den diese in Zahlungsschwierigkeiten gerät oder gar in die Insolvenz rutscht». Dieses Szenario lässt sich nie ganz ausschließen, denn die von Banken betriebene Finanzintermediation trägt dieses Risiko in sich.1Wegweisend: Diamond/Dybvig, Journal of Political Economy, 1983, 401. Auch im besten aller denkbaren Finanzsysteme ist also die Gefahr eines Bank Runs, der weitere Bank Runs nach sich ziehen kann, nie vollständig auszuschließen. Digitales Zentralbankgeld kann dieses Risiko allerdings erhöhen, weil diese Form des öffentlichen Geldes gerade im Krisenfall als besonders sicher wahrgenommen wird. Schließlich wird digitales Zentralbankgeld genauso wie Bargeld von der Zentralbank garantiert, die eine herausgehobene Stellung im Finanzsystem einnimmt und deren Insolvenz mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Dementsprechend wäre es rational, im (vermuteten) Krisenfall Bankeinlagen umzuschichten, also sie in digitale Euro zu tauschen.

Darüber hinaus ist aber auch die Gefahr einer sogenannten Desintermediation, also eines Bedeutungsverlusts von Geschäftsbanken als klassischen Finanzintermediären, nicht zu leugnen. Sollte es dauerhaft zu einer Umschichtung bestehender Einlagen in digitale Euro kommen, stehen den Banken weniger Einlagen zur Verfügung, weshalb sie dann auch nur noch in einem geringeren Maße ihrer zentralen Intermediationsfunktion nachkommen können, also beispielsweise Einlagen in einen Kredit zu transformieren und so Nachfrage und Angebot nach Kapital zusammenzubringen. 

Wie aber lässt sich der Gefahr eines schnelleren Liquiditätsabflusses aufgrund der Konvertierung von Giralgeld in digitales Zentralbankgeld sowie der Desintermediationsgefahr begegnen? Eine denkbare Lösung besteht in der Zweiteilung der Guthaben in digitalen Euro. So hat Bindseil bereits 2020 in einem Diskussionspapier der EZ ein zweistufiges Vergütungssystem („two-tier remuneration system“) vorgeschlagen. Guthaben in digitalen Euro bis zu einer bestimmten Höhe (als Diskussionspunkt genannt werden 3.000 Euro pro natürlicher Person) könnten frei genutzt werden (tier 1 bzw. Stufe 1). Die Guthaben auf dieser ersten Stufe würden in erster Linie als Zahlungsmittel fungieren. Darüber hinausgehenden Guthaben in digitalen Euro (tier 2 bzw. Stufe 2) käme hingegen allein eine Wertaufbewahrungsfunktion zu, sie könnten nicht (direkt) als Zahlungsmittel genutzt werden. Gleichzeitig könnten diese-Anlagen auf dieser Stufe über Zinsregeln auch so ausgestaltet werden, dass die Attraktivität des digitalen Euro als Wertaufbewahrungsmittel gemindert würde. So könnte Desintermediation und möglichen Bank Runs begegnet werden.

Derzeit wird allerdings insbesondere über einen „Wasserfall-Ansatz“ (waterfall functionality) diskutiert. Dieser ist bereits im Entwurf der Rulebook Development Group der EZB, die Regeln für die Distribution des digitalen Euro ausarbeiten soll, vorgesehen (siehe jüngst hier»). Auch mit diesem Ansatz soll die Menge an digitalen Euro, die eine Person halten darf, begrenzt und damit Bank Runs und Desintermediation vorgebeugt werden. Allerdings unterscheidet sich der „Wasserfall-Ansatz“ deutlich vom zweistufigen Vergütungsmodell. Denn die Guthaben würden hier nicht in zwei „Stufen“ (tiers) eingeteilt. Die Idee ist vielmehr, die Beträge, die über das festgesetzte Maximalvolumen in digitalen Euro hinausgehen, auf ein (mit der „Brieftasche“ für den digitalen Euro verknüpftes) Bankkonto zu überweisen, um so die Einhaltung der (zu definierenden) Höchstgrenzen sicherzustellen. Dieser Ansatz dürfte technisch relativ leicht zu realisieren sein, setzt aber die dauerhafte Verknüpfung von Bankkonto und „Brieftasche“ voraus. Jedenfalls entbindet er die EZB von der im zweistufigen Modell notwendigen und ebenso schwierigen Aufgabe der adäquaten und situationsangepassten Ausgestaltung der zweiten Stufe (sprich: der Anpassung der Zinsen).

Natürlich kommt es hier (und bei anderen Lösungsoptionen) auch stark auf die Umsetzung im Einzelfall an. Deswegen soll die EZB nach dem Verordnungsentwurf zur Sicherung der Finanzstabilität (auch) „Instrumente zur Beschränkung der Nutzung des digitalen Euro als Wertaufbewahrungsmittel“ entwickeln (Art. 16 Abs. 1 dEuroVO-E). Diese Formulierung ist bewusst vage gehalten; nur so kann sie flexible Reaktionen auf schwer antizipierbare Entwicklungen zulassen. Die EZB wird sicher nicht nur die im Verordnungsentwurf erwähnten „Instrumente“ entwickeln, sondern auch fortlaufend anpassen. Gleichzeitig werden die Instrumente klar kommuniziert werden müssen, wenn sie die Akzeptanz des digitalen Euro fördern sollen.

Datenschutz

Gerade in Deutschland, wo Bargeld eine stark freiheitsermöglichende Funktion zugewiesen und auch sonst der Datenschutz (relativ) hochgehalten wird, dürfte sich die Diskussion über den digitalen Euro in Zukunft vor allem um die Gewährleistung eines angemessenes Datenschutzniveaus drehen. Klar ist, dass jede digitale Transaktion in einem höheren Maße für Dritte nachvollziehbar ist als eine Bargeldtransaktion – jede digitale Transaktion hinterlässt elektronische Spuren. Zudem werden beim digitalen Euro große Mengen an Transaktionsdaten anfallen, die relativ leicht Personen zugeordnet werden können. Um den datenschutzrechtlichen Herausforderungen zu begegnen, setzt der Verordnungsentwurf der Kommission zum einen auf die Ermöglichung von Offline-Zahlungen und zum anderen auf weitgehende datenschutzrechtliche Standards.

Mit Offline-Zahlungen werden Transaktionen mit einem geringen Transaktionsvolumen von der digitalen Nachverfolgung ausgenommen, weil sie nicht systematisch erfasst werden. Hiermit wird ein erheblicher Zugewinn an Anonymität erreicht, auch wenn die für die jeweilige Transaktion eingesetzten Endgeräte natürlich ausgelesen werden können, etwa wenn sie beschlagnahmt werden.

Besonders hohe Anforderungen an den Datenschutz müssen allerdings Online-Zahlungen erfüllen, denn deren Transaktionsdaten müssen systematisch gespeichert werden und lassen sich den beteiligten Parteien zuordnen. Der Verordnungsentwurf schafft kein vollständig neues Datenschutzrecht, sondern adaptiert die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung, die sich – bei allen Streitigkeiten im Detail – grosso modo bewährt haben. Dies bedeutet auch: die aus der Datenschutz-Grundverordnung bekannten datenschutzrechtlichen Grundsätze und Rechtfertigungstatbestände finden Anwendung. Die EZB2Genau genommen trifft diese Pflicht nicht nur die EZB, sondern auch die nationalen Zentralbanken, die Teil des Europäischen Systems der Zentralbanken sind. Um die Lesbarkeit zu erhöhen, wird aber hier und im Folgenden jeweils nur die EZB genannt, wenn diese und die nationalen Zentralbanken verpflichtet werden. und die Zahlungsdienstleister nehmen bei der Abwicklung von Transaktionen in digitalen Euro Aufgaben von öffentlichem Interesse wahr (Art. 34 Abs. 1, Art. 35 Abs. 1 dEuroVO-E). Dies schafft einen nach der Datenschutz-Grundverordnung notwendigen Rechtfertigungsgrund für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Insoweit verläuft alles weitgehend in den bekannten datenschutzrechtlichen Bahnen.

Der Verordnungsentwurf geht aber über die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung hinaus. So werden in den Anhängen III und IV des Entwurfs all jene personenbezogenen Daten, die im Zusammenhang mit einer Transaktion verarbeitet werden dürfen, abschließend aufgezählt. Weitere Daten dürfen also von vornherein nicht erfasst werden. Deutlich wird hier das Bemühen der Kommission, nur jene Daten zu erfassen, die für die Verarbeitung der Transaktionen dringend erforderlich sind.

Darüber hinaus sind sowohl die Zahlungsdienstleister auf der einen als auch die EZB auf der anderen Seite verpflichtet, „geeignete technische und organisatorische Maßnahmen, einschließlich modernste[r] Sicherheits- und Datenschutzmaßnahmen“ zu treffen (Art. 34 Abs. 4, 35 Abs. 4 dEuroVO-E). Das ist zwar keine einklagbare Pflicht, aber sehr wohl ein weitgehendes Optimierungsgebot, das fortlaufend zu beachten ist. Zudem soll insbesondere die Identifizierbarkeit der Nutzer:innen erschwert werden. Um nicht direkt identifizierbar zu sein, wird von der EZB eine „klare Trennung der personenbezogenen Daten“ (Art. 35 Abs. 4 dEuroVO-E) verlangt. Die Daten, die Rückschlüsse auf die natürlichen Personen zulassen, sind also getrennt von den Transaktionsdaten zu speichern. Selbst wenn jemand also Zugriff auf die Transaktionsdaten hat, kann sie/er nicht ohne Weiteres nachvollziehen, wer an der Transaktion beteiligt war. Auch hiermit wird ein hohes Maß an Datenschutz gewährleistet.

Die aufgezeigten datenschutzrechtlichen Standards sind also durchaus ambitioniert und es wird bereits aus dem Verordnungsentwurf deutlich, dass die technische Umsetzung fortlaufend weiterzuentwickeln ist. Auch wenn über Einzelheiten gewiss noch politisch gestritten werden wird (und sollte), gelingt dem Entwurf doch grundsätzlich der Spagat zwischen dem technisch-operativ Notwendigen und dem Datenschutz. 

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    Wegweisend: Diamond/Dybvig, Journal of Political Economy, 1983, 401.
  • 2
    Genau genommen trifft diese Pflicht nicht nur die EZB, sondern auch die nationalen Zentralbanken, die Teil des Europäischen Systems der Zentralbanken sind. Um die Lesbarkeit zu erhöhen, wird aber hier und im Folgenden jeweils nur die EZB genannt, wenn diese und die nationalen Zentralbanken verpflichtet werden.
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Autor: Petra Gehring Coinzeit 3000 eFin-Blog Farbe: hellblau

Coinzeit 3000 #6: Metaverse

Ein Beitrag von Petra Gehring

vom 4. Januar 2024

Ich seufze. Mein erster lesender Anlauf, zu verstehen, womit Zuckerbergs Firma Meta in den nächsten Jahren alles revolutionieren will. „Metaverse“: Einerseits geht es um virtuelle Realität, um fancy 3D-Spaß, Helm auf und los. Andererseits hat „alles“ mit Geld zu tun – so jedenfalls Matthew Ball, ehemaliger Chefstratege bei Amazon Studios und derzeit wohl Wirtschaftsjournalist. Das Metaverse, schreibt Ball, werde ein „Unternehmensinternet“ sein, es werde „von privaten Unternehmen mit dem ausdrücklichen Ziel des Handels, der Datenerfassung, der Werbung und des Verkaufs virtueller Produkte entwickelt und aufgebaut.“ (31) Und weiter: „Das Metaverse ist als eine parallele Ebene für menschliche Freizeit, Arbeit und Existenz im weiteren Sinne gedacht.“ (173)

Im zehnten Kapitel seines Buches stellt Ball die These auf, „das zentrale Schlachtfeld“ für das ganze Projekt werde der Kampf darum sein, die dominierende „Zahlungsschiene“ im Metaverse zu werden. Zahlungsdienste stehen gegeneinander, aber auch Spieleplattformen, die einerseits Gebühren­systeme, andererseits Erfolge, Trophäen, Level etc. – also symbolische Guthaben – verwalten (und behalten): im Grunde Vorformen von Zahlungsdiensten oder eigentlich sogar mehr. Denn Spieleplattformen ähneln sozialen Netzwerken, verwalten die spielgebundene Online-Existenz, Freund­schaften und Datenspuren der Aktivitäten ihrer Nutzer:innen. Auch der App Store von Apple ist nicht bloß ein Shop, sondern ein gigantischer Zahlungsintermediär. Das zugrundeliegende Geschäftsmodell sichert Apple 30% des Ertrags, den der Verkauf App-Anbieter:innen einbringt. Billiger wird es, wenn Anbieter:innen sich ihrerseits verpflichten, den Nutzer:innen beim Bezahlen zusätzlich Werbung zu zeigen (Werbezeit, die Apple dann auch wiederum verkauft). So bauen virtuelle Bezahlgeschäftsmodelle aufeinander auf. Und die Endkund:innen zahlen mit Geld und Daten. Firmen wie Apple (mit Apple Pay) oder eben auch Facebook, jetzt Meta, streben eine Art Jokerrolle an: Sie liefern Produktportfolios und zugleich Portfolios von Zahlungswegen. Dass es für einen solchen Universaldienst viel profitabler ist, virtuelle Güter zu verkaufen als Dinge, die man „physisch“ produzieren, versenden und zustellen muss, versteht sich von selbst.

Das Metaverse wiederum? Wäre wohl – habe ich es richtig verstanden – eine Art Riesen-Obervermieter für Dienste, die auf allen möglichen Geräten und Betriebssystemen laufen. Aber ein exklusiv Meta gehörendes 3D-Portal würde genutzt, um in virtuellen Räumen wiederum 3D-Versionen von was auch immer im Netz oder in einer Cloud abspielbar bzw. „besuchbar“ ist, vorzuhalten – zwecks Kaufs oder kostenpflichtiger Teilnahme, kostenpflichtigem Konsum. Ball nennt: Bildung, Lifestyle, Unterhaltung, dazu Sexarbeit und „Mixed-Reality-Orgien“ (263). Er findet das Leistungsspektrum okay, mir scheint es deprimierend. Was könnten Applikationen an noch Hässlicherem vermarkten? Kriege? Sklaverei? Voodoo-Verfluchungen? Gladiatoren? Gehirnwäsche? Folter?

Im relativ besten Fall dürfte es jede Menge Kontrollen, Aufsicht, Überwachung – und neue Kosten – geben, um das zu verhindern.

Matthew Ball: Das Metaverse. Und wie es alles revolutionieren wird (2022). München: Vahlen 2022.

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Autor: Christian Person eFin-Blog Farbe: gelb

Bank Run 2.0: Das Phänomen des Bankensturms im Spiegel des digitalen Wandels

Bank Run 2.0: Das Phänomen des Bankensturms im Spiegel des digitalen Wandels

Ein Beitrag von Christian Person

20. Dezember 2023

Prolog: Das Bankensystem am Abgrund – der Kollaps von Lehman Brothers und die Furcht vor dem Bank Run

„Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein.“ (Bundeskanzlerin Angela Merkel, 5. Oktober 2008)1Siehe https://www.spiegel.de/wirtschaft/merkel-und-steinbrueck-im-wortlaut-die-spareinlagen-sind-sicher-a-582305.html

Am Sonntag, dem 5. Oktober 2008, traten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück gemeinsam vor die Fernsehkameras und verkündeten mit ernster Miene ein Garantieversprechen für alle Spareinlagen in Deutschland. Was war geschehen? Warum sah sich die Bundesregierung zu einem solch außergewöhnlichen Schritt genötigt?

Im Herbst 2008 erreichte die globale Finanzkrise der Jahre 2007/2008 ihren Höhepunkt. Nach dem Kollaps der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008 stand das internationale Finanzsystem am Abgrund. Starke Unsicherheit und Misstrauen prägten das System. Fehlendes Vertrauen zwischen den Finanzinstituten brachte den Interbankenmarkt weltweit zum Erliegen. Diese Vertrauenskrise übertrug sich auch auf die privaten Sparerinnen und Sparer.

In Deutschland beobachteten die zuständigen Behörden einen auffälligen Anstieg von Geldauszahlungen. Insbesondere 500-Euro-Scheine wurden stark nachgefragt. Dies weckte bei den Aufsichtsbehörden die Sorge vor einem möglichen Bank Run, zu Deutsch einem Banken- oder Schaltersturm. Dass dies keineswegs ein bloß hypothetisches oder allenfalls historisch relevantes Szenario aus Zeiten der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre war, verdeutlichten die noch frischen Erinnerungen an den Fall der britischen Bank Northern Rock. Schließlich war es gerade einmal ein Jahr her, dass sich die Kundschaft dieser Bank, die infolge des Platzens der Immobilienblase in den USA in Turbulenzen geraten war, in langen Schlangen vor den Filialen versammelte, um ihre Einlagen abzuziehen. Womit sich die Probleme der Bank verschärften. Um einer solchen Entwicklung vorzubeugen, gaben Merkel und Steinbrück die erwähnte politische Erklärung ab. Die Zusicherung, dass alle Spareinlagen sicher seien, sollte die Sparerinnen und Sparer beruhigen. Ob dieses Versprechen im Fall der Fälle überhaupt hätte eingelöst werden können, ist eine offene Frage. Aber es genügte, um das nötige Vertrauen herzustellen und einen Bank Run zu verhindern.

15 Jahre nach der globalen Finanzkrise kam es zu Beginn dieses Jahres erneut zu Turbulenzen im US-Bankensektor. Nachdem zahlreiche Kundinnen und Kunden innerhalb kürzester Zeit Einlagen in beachtlicher Höhe abgezogen hatten, gerieten mehrere US-Regionalbanken, die Silicon Valley Bank, die First Republik Bank und die Signature Bank, ernsthaft in die Bredouille. Die amerikanische Regierung reagierte entschlossen, indem sie Kundeneinlagen bei den betroffenen Banken vollständig garantierte und zusammen mit der US-amerikanischen Notenbank, der Federal Reserve, Kreditlinien zur Stützung der Banken bereitstellte.2FAZ vom 14.03.2023, S. 1.. Zeigten sich auch hier typische Elemente eines Bank Runs – schwindendes Vertrauen und schneller Abzug von Einlagen – war dieses Mal doch etwas anders: vor den Filialen bildeten sich kaum lange Schlangen; zeitintensives Anstehen am Schalter, um die eigenen Einlagen zurückzuerhalten, schien diesmal die Ausnahme zu sein. Nach Ansicht zeitgenössischer Beobachter handelte es sich hierbei um den ersten Fall eines digitalen Bank Runs.3Vgl. Berliner Zeitung vom 30.03.2023, S. 16; Handelsblatt vom 21.03.2023, S. 30.

Im Folgenden soll daher der Frage nachgegangen werden, wie sich das Phänomen des Bank Runs durch die zunehmende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft verändert und ob sich dadurch die Gefahr entsprechender Ereignisse erhöht. Hierzu wird in drei Schritten vorgegangen: In einem ersten Schritt wird der klassische Ablauf eines Bankensturms skizziert. Anschließend wird dargestellt, wie sich der digitale Wandel auf das Phänomen Bank Run auswirkt. Abschließend werden mögliche Lösungsoptionen aufgezeigt.

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben – der klassische Ablauf eines Bank Runs

Eine zentrale Funktion von Geschäftsbanken ist die Fristentransformation: Banken sammeln potenziell kurzfristig verfügbare Einlagen von Sparerinnen und Sparern ein und vergeben diese als langfristige Kredite an Kreditinteressentinnen und -interessenten. Lediglich ein Bruchteil der gesammelten Einlagen wird als Liquiditätsreserve vorgehalten, um den täglichen, in der Höhe schwankenden Auszahlungswünschen der Kundinnen und Kunden nachkommen zu können. Große Teile der Einlagen werden als Kredite weitergereicht und sind somit langfristig gebunden. Eine Bank verfügt also nie über ausreichend liquide Mittel, um all ihre Einlagen gleichzeitig auszahlen zu können. Über der Bank schwebt somit permanent das Damoklesschwert des sprunghaften Einlagenabzugs und damit zusammenhängend die Gefahr eines Liquiditätsengpasses. Da üblicherweise nicht alle Sparerinnen und Sparer gleichzeitig ihre Einlagen auflösen möchten, ist das im Normalfall unproblematisch. Es genügt den Kundinnen und Kunden, zu wissen, dass sie jederzeit auf ihr Geld zugreifen könnten.

Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit von Banken ist somit essentiell für die Stabilität des Finanzsystems. Die Grundfunktion der Fristentransformation kann nur dann dauerhaft durch die Banken erbracht werden, wenn deren Kundschaft darauf vertraut, dass die Banken jederzeit fähig sind, ihren Verpflichtungen nachzukommen, d.h. bei Bedarf Einlagen aufzulösen und Auszahlungen zu leisten. Ohne Vertrauen bricht dieser Mechanismus zusammen. Vertrauen ist die zentrale Währung des Bankgeschäfts, das Prinzip der Fristentransformation aber anfällig für plötzlichen Vertrauensverlust.

Grundlage eines Bank Runs ist daher stets eine Vertrauenskrise, ein plötzlich auftretendes Misstrauen in die Zahlungsfähigkeit eines Finanzinstituts. Sobald Sparerinnen und Sparer Zweifel daran haben, ob sie im Falle der Fälle ihre gesamten Einlagen zurückerhalten, beginnen sie, diese panisch abzuziehen. Sobald andere Bankkundinnen und -kunden sich dieses Verhaltens gewahr werden, werden sie nachziehen; es kommt zu verhaltensbezogenen Ansteckungseffekten. Wenn aus Sorge um ihr Erspartes viele Sparerinnen und Sparer gleichzeitig ihre Sparguthaben auflösen möchten, kann eine Bank unter diesem Ansturm zusammenbrechen und in die Pleite rutschen: ihre Sicherheitsreserve wird überlastet  und mangels ausreichend liquider Mittel, können nicht alle Einlagen gleichzeitig aufgelöst und ausgezahlt werden. Dies gilt selbst für solche Banken, die im Kern gesund sind.

Dabei handelt es sich aus Sicht des einzelnen Individuums um durchaus rationales Verhalten, wie eine spieltheoretische Betrachtung nahelegt. Spieltheoretisch handelt es sich bei einem Bank Run um ein klassisches Koordinationsspiel, das sogenannte Gefangenendilemma: alle Beteiligten profitieren von koordiniertem Verhalten. Im Normalzustand, wenn die Zahlungsfähigkeit der Bank nicht grundsätzlich in Frage steht, ist es individuell rational, der Bank zu vertrauen, solange alle anderen sich ebenso verhalten. Alle haben so immer dann Zugriff auf ihre Einlagen, wenn sie sie benötigen. Hierbei handelt es sich allerdings um ein labiles Gleichgewicht: Denn wird die Zahlungsfähigkeit der Bank plötzlich bezweifelt und erwartet, dass alle ihre Einlagen möglichst schnell auflösen möchten, dann ist es aus Sicht des einzelnen Kunden/der einzelnen Kundin rational, sich selbst der oder die Nächste zu sein und zu versuchen, seinen/ihren Konkurrenten möglichst zuvorzukommen. Es gilt zu agieren, solange die Bank noch liquide ist. Diejenigen, die als Erstes ihre Einlagen abziehen, können noch bedient werden. Für die übrigen gilt: den Letzten beißen die Hunde. Aus kollektiver Sicht ist ein Bank Run jedoch irrational:  eine möglicherweise grundsätzlich solide Bank wird in die Zahlungsunfähigkeit getrieben, ihre Kundschaft schadet sich letztlich selbst. Individuell rationales Verhalten führt somit zu kollektiver Irrationalität: Würden sich trotz Zweifeln an der Zahlungsfähigkeit einer Bank alle Kundinnen und Kunden gedulden und die geordnete Rückzahlung ihrer Einlagen abwarten, käme es überhaupt nicht zu einem Zusammenbruch der Bank. Alle Sparerinnen und Sparer würden ihr Geld zurückerhalten, sobald die Kredite an die Bank zurückgezahlt wären. Ein Bank Run ist somit ein Musterbeispiel einer selbsterfüllenden Prophezeiung: eine ursprünglich falsche Situationswahrnehmung führt zu Handlungen, in deren Konsequenz die vormals unzutreffende Beschreibung der Wirklichkeit erst wahr wird.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Sturm auf eine einzelne Bank schnell auf andere Banken überschwappen und systemische Auswirkungen entfalten kann. Denn in einer solchen Situation würde eine Bank zunächst versuchen, Vermögenswerte zu veräußern, um frische liquide Mittel zu generieren. Schreitet die Krise voran, ist dies nur noch mit Preisabschlägen möglich. Folglich müssen die eigenen Aktiva neu bewertet werden; es kommt zu Wertberichtigungen und Verlusten. Dies schränkt wiederum ihre Fähigkeit ein, neue Kredite zu vergeben; eine Kreditvergabe kann nur noch zu restriktiveren Bedingungen erfolgen, der Kreditfluss an die Unternehmen kommt ins Stocken. Auch untereinander leihen sich die Banken weniger oder gar kein Geld mehr. Die Panik wirkt auch hier ansteckend, selbst gesunde Banken können davon betroffen sein. Der somit ausgetrocknete Interbankenmarkt provoziert neue Pleiten im und außerhalb des Bankensektors, überträgt sich letztlich auf die Realwirtschaft und kulminiert schlimmstenfalls in einer Banken- und Wirtschaftskrise.

„Bank Run 2.0“: Bankensturm unter veränderten Rahmenbedingungen – die dunkle Seite der Digitalisierung des Bankwesens

In der jüngeren Vergangenheit hat sich die Art und Weise, wie Bankgeschäfte durchgeführt werden, durch die Digitalisierung massiv verändert. Diese Veränderungen wirken sich sowohl auf die Eintrittswahrscheinlichkeit als auch den konkreten Ablauf eines Bank Runs aus, weshalb diesbezüglich vom Phänomen des „Digitalen“ Bank Run gesprochen wird. An Warnungen vor digitalen Bankenstürmen hat es in den vergangenen Jahren nicht gefehlt, insbesondere in Zusammenhang mit digitalem Zentralbankgeld (CBDC) oder daran gekoppelten Kryptowährungen (Stablecoins). Doch was grenzt diese Spielart des Bank Run von seiner klassischen Variante ab und macht ihn besonders?

Ein wichtiger Aspekt ist das veränderte Kommunikationsverhalten moderner Gesellschaften. Die anhaltende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft geht mit einer zunehmenden Vernetzung der Menschen im Rahmen sozialer Medien einher. Informationen verbreiten sich heutzutage in Windeseile, unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Information. Das Tempo der Informationsverbreitung hat dabei in den letzten Jahren stetig zugelegt. Selbstverständlich gilt dies auch für die Finanzwelt. Die Kundschaft der Finanzinstitute ist mittlerweile hochgradig vernetzt und tauscht sich niedrigschwellig und in Echtzeit über Finanzthemen aus. Zweifel an der Stabilität und Zahlungsfähigkeit einer Bank lassen sich in Sekundenschnelle via Social-Media-Post veröffentlichen und können sich schlimmstenfalls wie ein Lauffeuer verbreiten. Dabei ist es unerheblich, ob diese Zweifel echt sind oder in böswilliger Absicht (Fake News, Gerüchte, Desinformation) geäußert wurden, um einer Bank zu schaden. Wie bereits geschildert, ist das Geschäftsmodell der Banken durch die Praxis der Fristentransformation inhärent instabil und fragil; Vertrauen ist der zentrale Pfeiler des Systems. Die verbreitete Nutzung von sozialen Medien kann bestehende Vertrauensstrukturen im Bankensystem unterminieren und erleichtert es, das Misstrauen zu schüren, das Bankenstürme erst entstehen lässt. Wie real diese Gefahr ist, zeigt der Fall der Silicon Valley Bank, die im Frühjahr 2023 infolge eines blitzartigen Einlagenabzugs durch ihre Kundschaft zusammenbrach. Der rasante Abzug von Einlagen wurde durch Äußerungen in den sozialen Medien beschleunigt. Auf Twitter wurde munter über Zahlungsausfälle einzelner Kreditinstitute spekuliert und damit Öl ins Feuer gegossen. Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank gilt daher als erster Bank Run, der durch soziale Medien ausgelöst wurde.4Vgl. Berliner Zeitung vom 30.03.2023, S. 16; Handelsblatt vom 21.03.2023, S. 30.

Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Prozessdimension des Bankwesens. Aus Sicht der Endkundinnen und -kunden reduziert sich durch die zunehmende Digitalisierung des Bankgeschäfts und den rasanten technologischen Wandel im Finanzsektor sowohl der Aufwand, den es erfordert, eine Geschäftsbeziehung mit einem Kreditinstitut anzubahnen, als auch der Aufwand, um Finanztransaktionen durchzuführen. Ein Konto bei einer neuen Bank ist für die meisten Bürgerinnen und Bürger schnell und mit überschaubarer Anstrengung eröffnet, auch mehrere Bankkonten bei verschiedenen Kreditinstituten zu führen, ist kein Hexenwerk. Und dank Online-Banking und Smartphone lässt sich Geld jederzeit mit ein paar Mausklicks schnell und unkompliziert zwischen Finanzinstituten hin und her schieben. Im Falle einer Vertrauenskrise müssen Sparerinnen und Sparer daher nicht mehr stunden- oder gar tagelang in langen Schlangen vor den Bankfilialen ausharren, um sich ihre (kurzfristigen) Einlagen auszahlen zu lassen. Vielmehr erlauben es die digitalisierten Geschäftsmodelle der Banken  Kundinnen und Kunden mit einigen wenigen Klicks ihre Sichteinlagen in Windeseile abzuziehen, indem sie diese zu anderen Finanzinstituten transferieren. Den Banken wird in kürzester Zeit ihre Geschäftsgrundlage entzogen. Bank Runs dauern anders als früher nicht mehr Tage oder gar Wochen, sondern im Extremfall nur wenige Stunden. So erging es der bereits genannten Silicon Valley Bank: innerhalb von gerade einmal fünf Stunden verlor sie 42 Milliarden US-Dollar an Einlagen! Angesichts des blitzartigen und dramatischen Einlagenabzugs, der bei der Silicon Valley Bank zu beobachten war, sprach Andrea Enria, Vorsitzender des Aufsichtsgremiums der Europäischen Zentralbank, von der dunklen Seite der Digitalisierung, denn eine solche Geschwindigkeit des Einlagenabzugs habe es zuvor nicht gegeben.5Vgl. FAZ vom 03.05.2023, S. 23. Banken müssen sich daher darauf einstellen, dass ihre (kurzfristig fälligen) Einlagen in Zeiten des Online-Bankings weniger verlässlich sind als zu Zeiten, als das Bankgeschäft noch weitgehend analog und traditionell ablief.

Lösungsoptionen – wie lassen sich Bankenstürme eindämmen?

Um das Risiko und das Gefährdungspotential von Bank Runs wirksam einzudämmen, stehen dem Staat kurz- und langfristige Maßnahmen zur Verfügung. Lässt sich in einer akuten Krise ein panikartiger Abzug von Bankeinlagen beobachten, gilt es vor allem, Vertrauen zu schaffen. Um bei den Sparerinnen und Sparern den Glauben an die Sicherheit ihrer Einlagen zu stützen oder wiederherzustellen, kann eine staatliche Garantie für die Sparguthaben ausgesprochen werden, entweder für einzelne Finanzinstitute, wie es die US-amerikanische Regierung im Frühjahr 2023 getan hat, oder generell wie im einführend genannten Fall der deutschen Bundesregierung im Herbst 2008. Flankierend kann die Notenbank dem Bankensystem zusätzliche Liquidität bereitstellen, indem sie beispielsweise qua eines sogenannten Schnelltender innerhalb weniger Stunden Geldmittel an Banken auktioniert oder den Kreis der Wertpapiere ausweitet, den sie als Sicherheit für die Bereitstellung von Notenbankgeld akzeptiert. Dadurch soll die Kreditvergabe zwischen Banken sichergestellt und ein Austrocknen des Interbankenmarktes verhindert werden. Als ultima ratio kann der Staat auch die Höhe von Auszahlungen auf einen fixen Betrag pro Tag begrenzen oder sogenannte Bankfeiertage/Bankferien (eine euphemistische Bezeichnung für die zeitweilige Schließung der Geschäftsbanken) verordnen, um den Abfluss von Einlagen zu begrenzen. Letzteres kommt einem partiellen und temporären Einfrieren der Bankkonten gleich, geht allerdings auch mit massiven Verwerfungen des Geschäftslebens einher.

Mittel- und langfristig sind verschiedene regulatorische Maßnahmen denkbar, um das Risiko eines Bankensturms zu begrenzen. Ein wichtiges Instrument stellt hierbei eine Einlagensicherung dar, durch die der Glaube der Sparerinnen und Sparer an die Sicherheit ihrer Einlagen gestärkt wird. Diese Einlagensicherung kann durch die Banken selbst oder staatlich erfolgen und der Höhe nach begrenzt sein. Im ersten Fall garantiert eine Gruppe von Banken die Einlagen bei ihren Mitgliedsbanken. Hierzu leisten sie regelmäßig Beiträge in einen Sicherungstopf, aus dem im Falle der Insolvenz einer Bank deren Kundschaft entschädigt wird.6In Deutschland haben sowohl die Sparkassen als auch die Genossenschaftsbanken sowie die privaten Banken separate Einlagensicherungssysteme, mit denen die Einlagen der Kunden, auch über die gesetzlich garantierte Einlagensicherung hinaus, garantiert werden. Allerdings ist zu beachten, dass diese privaten Sicherungssysteme schnell an ihre Grenzen stoßen, sollten mehrere und/oder große Banken von einem Bankensturm betroffen sein. Die zweite Option ist eine gesetzliche Einlagensicherung durch den Staat, die jedoch in der Regel der Höhe nach begrenzt ist: in Deutschland auf einen Maximalbetrag von 100.000 Euro Einlagen pro Kunde/Kundin je Institut, in den USA auf 250.000 US-Dollar. Die betragsmäßige Begrenzung birgt allerdings das Risiko, dass auch das Vertrauen der Kunden auf den gesetzlich geschützten Einlagenbetrag beschränkt bleibt. Entsprechend ließ sich beim Zusammenbruch der Silicon Valley Bank beobachten, dass erst Einlagen oberhalb der gesetzlichen Sicherungsgrenze abgezogen wurden. Eine Lösung könnte die Ausweitung der staatlichen Einlagensicherung sein, also die Erhöhung bestehender Grenzwerte. Speziell im EU-Kontext wird auch die Idee einer länderübergreifenden Einlagensicherung verfolgt. Durch sieh entstünde ein gemeinsames europäisches Rückversicherungssystem, das die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der bestehenden nationalen Einlagensicherungssysteme in Ausgleich bringen könnte.7Eine gemeinsame Einlagensicherung wäre neben gemeinsamer Bankenaufsicht und dem sogenannten gemeinsamen Abwicklungsmechanismus potenziell die dritte Säule der Bankenunion. Aktuell kann das Fehlen einer solche europaweit harmonisierten Einlagensicherung die Gefahr von Bank Runs verschärfen, da Sparerinnen und Sparer in unterschiedlichen EU-Staaten die Sicherheit ihrer Einlagen unterschiedlich wahrnehmen. Beide Maßnahmen sollen präventiv wirken. Im Gegenzug dürften die Banken mit höheren Kosten belastet werden, sofern sie in entsprechende Absicherungsfonds einzahlen müssten. Aber Garantien dieser Art könnten auch Fehlanreize auf Seiten der Kundschaft, sogenannte moral hazard-Risiken, verstärken, da die Sparerinnen und Sparer versucht sein könnten, die Solidität und Vertrauenswürdigkeit ihrer Hausbanken nicht mehr so genau zu prüfen.

Insbesondere angesichts des rasanten Einlagenabzugs bei den Bankturbulenzen zu Beginn dieses Jahres und ob der Tatsache, dass Kunden ihre Sichteinlagen heutzutage mit wenigen Klicks verschieben können, stellt sich zudem die Frage, ob die geltenden Liquiditätsregeln noch zeitgemäß sind. Zwar unterliegen Finanzinstitute derzeit diversen quantitativen und qualitativen Liquiditätsanforderungen, die sicherstellen sollen, dass Banken auch in einer Stresssituation über einen längeren Zeitraum hinweg über ausreichend Liquidität verfügen. Allerdings, so bemängeln die Aufsichtsbehörden, wird in den Modellen zur Berechnung der Liquiditätspuffer nicht berücksichtigt, wie viel schneller Einlagen inzwischen in Krisen abgezogen werden könnten. Dass in der vergangenen Niedrigzinsphase die Kundinnen und Kunden der Banken ihre Sparguthaben verstärkt in Sichteinlagen umgeschichtet haben, hat in Kombination mit der Schnelligkeit des heutigen Bankwesens zu einer „doppelte[n] Verletzlichkeit im System [geführt]: eine höhere Geschwindigkeit von Abflüssen und viel mehr Sichteinlagen als in der Vergangenheit“, wie Bafin-Chef Mark Branson warnt.8Vgl. Handelsblatt online vom 05.07.2023, URL: https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/nach-bankenturbulenzen-im-maerz-finanzaufsicht-bafin-prueft-hoehere-liquiditaetspuffer-fuer-banken/29238806.html. Vieles spricht daher dafür, die bestehenden Vorgaben für Liquiditätspuffer rasch nachzuschärfen, um die aus dem Geschäft der Fristentransformation resultierenden Risiken durch eine wirksamere Liquiditätsregulierung besser einzugrenzen und an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

Vor dem Hintergrund der besonderen Rolle, die soziale Medien bei den oben aufgeführten Bankturbulenzen gespielt haben, wäre indes auch zu überlegen, das Monitoring sozialer Medien in den Aufgabenkatalog der Aufsichtsbehörden zu integrieren. So forderte es jüngst Bundesbank-Chef Joachim Nagel.9FAZ vom 20.07.2023, S. 23. Dadurch könnten blinde Flecken der bestehenden Aufsicht reduziert und eine frühzeitige Risikoerkennung ermöglicht werden. Denn wenn einzelne Finanzinstitute unter einer schwelenden Vertrauenskrise leiden, die Situation also bereits angespannt ist, können Äußerungen in sozialen Medien, mögen sie echter Besorgnis entspringen oder schlicht Fake News sein, wie ein Brandbeschleuniger wirken und einen Bankensturm auslösen oder verstärken. Darüber hinaus wären die Aufsichtsbehörden gut beraten, ihre regelmäßigen Stresstests um neue Szenarien zu ergänzen, die auch die Gefahr digitaler Bankenstürme abbilden.

Auch eine Stärkung der Eigenkapitalbasis der Finanzinstitute könnte dazu beitragen, das Gefahrenpotential eines Bankensturms zu begrenzen. Zwar bedeutet eine höhere Eigenkapitalausstattung nicht per se, dass eine Bank einer Liquiditätskrise besser widerstehen kann. Schließlich sagt sie nichts darüber aus, wie liquide die Aktiva einer Bank sind. Dennoch kann mehr Eigenkapital das Vertrauen – die härteste Währung der Finanzwelt – der Anleger- und Kundschaft stärken, dass sie im Falle von Liquiditätsproblemen ihr Geld zurückbekommen, zumindest irgendwann. Außerdem reduziert eine bessere Eigenkapitalausstattung der Banken das Risiko, dass staatliche Liquiditätshilfen zu Verlusten führen. Dies dürfte es dem Staat erleichtern, in einer Bankenkrise notleidenden Banken beizuspringen und entsprechende Hilfen aufzulegen.

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Bilder: 1. Andrang vor einer Berliner Sparkasse (Mühlendamm) nach dem Zusammenbruch der Darmstädter- und Nationalbank  im Juli 1931 (Bundesarchiv, Bild 102-12023 / Georg Pahl) / 2. Unsplash/Markus Spiske

  • 1
    Siehe https://www.spiegel.de/wirtschaft/merkel-und-steinbrueck-im-wortlaut-die-spareinlagen-sind-sicher-a-582305.html
  • 2
    FAZ vom 14.03.2023, S. 1.
  • 3
    Vgl. Berliner Zeitung vom 30.03.2023, S. 16; Handelsblatt vom 21.03.2023, S. 30.
  • 4
    Vgl. Berliner Zeitung vom 30.03.2023, S. 16; Handelsblatt vom 21.03.2023, S. 30.
  • 5
    Vgl. FAZ vom 03.05.2023, S. 23.
  • 6
    In Deutschland haben sowohl die Sparkassen als auch die Genossenschaftsbanken sowie die privaten Banken separate Einlagensicherungssysteme, mit denen die Einlagen der Kunden, auch über die gesetzlich garantierte Einlagensicherung hinaus, garantiert werden.
  • 7
    Eine gemeinsame Einlagensicherung wäre neben gemeinsamer Bankenaufsicht und dem sogenannten gemeinsamen Abwicklungsmechanismus potenziell die dritte Säule der Bankenunion. Aktuell kann das Fehlen einer solche europaweit harmonisierten Einlagensicherung die Gefahr von Bank Runs verschärfen, da Sparerinnen und Sparer in unterschiedlichen EU-Staaten die Sicherheit ihrer Einlagen unterschiedlich wahrnehmen.
  • 8
  • 9
    FAZ vom 20.07.2023, S. 23.
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Autor: Tom Leonhardt eFin-Blog Farbe: blau

Simmels Erbe im Zeitalter des Digitalen: Neue Perspektiven auf Geld

Simmels Erbe im Zeitalter des Digitalen: Neue Perspektiven auf Geld

Ein Beitrag von Tom Leonhardt

7. Dezember 2023

Die Rolle des Geldes in unserer Gesellschaft ist ambivalent. Als Wertträger und Tauschobjekt weitet es Handelsmöglichkeiten aus, stärkt unseren Wohlstand und löst Begehrlichkeiten aus. Logisch, es präsentiert sich als Mittel zur Erfüllung unserer Träume. Gleichzeitig bringt es aber auch einen entfremdenden Effekt mit sich, wenn es in seinem Wert überschätzt wird, zum Selbstzweck verkommt und den Blick auf natürliche Wertvorstellungen verstellt. Entwickeln wir als Gesellschaft anders geartete, nämlich digitale Geldformen, jetzt wo der digitale Raum von großen Teilen der Gesellschaft erschlossen ist und die einhergehenden Möglichkeiten zunehmend ausgeschöpft werden können, ergeben sich damit Chancen wie Risiken. Im Hinblick auf das technische Design der neuen Geldformen sind die Möglichkeiten vielfältig und die Weichen der Ausgestaltung noch nicht gestellt.

Um den Blick für die Ausgestaltungsmöglichkeiten und die damit einhergehenden ambivalenten Wirkungen digitalen Geldes zu schärfen, lohnt es, dieses gedanklich kurz beiseitezulegen, den Blick zunächst auf grundlegende Fragen zu werfen und mit dem Soziologen Georg Simmel zu fragen: wie funktioniert Geld, woraus entspringt der ökonomische Mehrwert und inwiefern beeinflusst es subtil auch unser subjektives Erleben. Abschließend soll zum Spekulieren eingeladen werden: Inwiefern hilft die kritische Perspektive Simmels auf das Geld und könnten aus dieser heraus auch andere Potenziale digitalen Geldes sichtbar oder entwickelt werden?

Als Symbol für die Objekte unserer Begierde entfaltet sich Geld in einem zweistufigen Symbolisierungsprozess

Ein facettenreicher Zugang zum Thema Geld findet sich bei dem Soziologen und Philosophen Georg Simmel in seiner Philosophie des Geldes (1900), in der sowohl die Funktionalität des Geldes als auch  dessen kultureller Einfluss erläutert wird. In wenigen Worten zusammengefasst stellt Simmel fest, dass Geld über die Nutzung als Tauschobjekt einen von seiner Materialität unabhängigen, eben „nominalistischen Wert“ erhält, der sich daraus speist, dass es gegen andere Güter eintauschbar ist. Als solches Tauschobjekt stellt Geld eine Art abstrakte Repräsentation unserer Werte und Bedürfnisse dar und kann zwischen verschiedenen Wertvorstellungen vermitteln. Sozusagen als kleinster gemeinsamer Nenner gemeinsamen Interesses eröffnet es neue Handels- und Produktionsmöglichkeiten. Mit dem ökonomischen Mehrwert geht aber auch eine Bedeutungsverschiebung der produzierten Güter einher und es verändert sich die Art und Weise, wie wir Menschen zur Erfüllung unserer Wünsche wechselseitig aufeinander angewiesen sind. Damit droht die Gefahr, dass das Geld zunehmend zwischenmenschliche Interaktion ersetzt, mehr Raum in unserem Denken einnimmt und letztlich zum Selbstzweck verkommt.

Der nominalistische Wert des Geldes, und die Zusammenhänge, aus denen sich dieser ergibt, ist ein guter Ausgangspunkt für weiterführende Gedanken. Er kristallisiert sich bei Simmel logisch-systematisch in einem zweistufigen Prozess heraus: 1) Ursprung der Wertzuweisung ist der einzelne Mensch. Dieser bewertet die ihn umgebenden Objekte auf ihr Potenzial hin, seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Durch die subjektive Einschätzung des Wertes der Dinge, ergibt sich im Vergleich dieser eine Art ordinaler Bewertungsskala, über die sie eine erste Sortierung finden. 2) Im zweiten Schritt erfolgt eine Vergesellschaftung der individuellen Wertzuschreibungen. Indem das Geld als Transaktionsmittel wiederholt in Tauschprozessen genutzt wird, ergibt sich aus den Abwägungen, für wieviel Geld ein Gut eingetauscht werden soll, ein marktüblicher Preis. Es folgt eine Art absoluter Bewertungsskala, in welcher der Wert der Wert der Dinge numerisch bestimmbar wird. Simmel dazu:

„[D]as bloße Begehren eines Objektes [führt] noch nicht dazu, daß dieses einen wirtschaftlichen Wert hat – denn es findet sich allein nicht das hierfür erforderliche Maß:
erst die Vergleichung der Begehrungen, d.h. die Tauschbarkeit ihrer Objekte, fixiert
jedes derselben als einen seiner Höhe nach bestimmtem, also wirtschaftlichem Wert.“

Georg Simmel: Philosophie des Geldes (1900), Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2006, S. 76.

Um im Folgenden auf diese Gedanken Bezug nehmen zu können, soll mit: „(1)“ und „(2)“ auf die individuellen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen in Simmels Symbolisierungsprozess Bezug genommen werden. Ein Pfeil „(1->2)“, „(1<-2)“ bezeichnet den wechselseitigen Einfluss dieser Wertinstanzen, der sich beim Handeln und Nachdenken über Geldwerte einzelner Objekte ergibt.

Zwei ergänzende Facetten: Informationsverlust und Nutzen des Geldes

Im Hinblick die Möglichkeiten digitalen Geldes und für das Verständnis der im nächsten Abschnitt dargestellten vor- und nachteiligen Auswirkungen von diesem auf gesellschaftlicher Ebene sind zwei weitere Aspekte interessant. Bei dem Soziologen und Systemtheoretiker Niklas Luhmann fällt in Die Wirtschaft der Gesellschaft“ (1988) ein Begriff, der einen bestimmten Aspekt der oben geschilderten Zusammenhänge unterstreicht. Luhmann stellt fest, dass in der preismäßigen Wertdarstellung der Dinge durch Geld (1->2) eine irreversible Informationsreduktion stattfinde. Der Preis finde seinen Ausgangspunkt zwar in den Eigenschaften eines Objektes (Seltenheit, Nützlichkeit o.Ä.), vom Preis ausgehend könne aber nicht rückwirkend auf die verursachenden Qualitäten geschlossen werden1Vgl. Niklas Luhmann: Die Wirtschaft der Gesellschaft (1988), Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2019, S. 17f.). In dieser Diagnose einer irreversiblen Informationsreduktion des materiellen Geldes liegt eine Ursache für die im nächsten Abschnitt geschilderten gesellschaftlichen Probleme, die das Geld mit sich bringt und bietet gleichzeitig eine Chance für digitales Geld, mittels zusätzlicher Informationen, die es möglicherweise liefert, sie zu entschärfen. Für diese Überlegung soll im letzten Abschnitt Platz sein.

Geläufigen Darstelllungen zufolge – beispielsweise der EZB2Vgl. Geld und Geldpolitik. 1.2 Funktionen des Geldes, Europäische Zentralbank: https://www.geld-und-geldpolitik.de/funktionen-und-formen-des-geldes-kapitel-1.html – erfüllt Geld grundlegend drei Funktionen: es wird zum Tauschen und Bezahlen, zur Wertaufbewahrung und zum Wertmessen genutzt. Praktikabel ist es dafür aufgrund seiner numerischen Darstellungsform (die es mathematisierbar macht) und seiner Unverderblichkeit. Außerdem löst es das beim Handeln auftretende Problem der doppelten Koinzidenz: Würde man ein begehrtes Buch statt gegen Geld direkt für ein Gemälde eintauschen wollen, müsste jemand gefunden werden, der gleichzeitig am Angebotenen interessiert ist und das Gewünschte vorrätig hat. Mit dem Geld als Tauschmittel kann hingegen flexibel über eine dritte Person zwischengehandelt werden.

Die Kehrseiten der Medaille – Ökonomische Vorteile des Geldes und die Gefahren der Entfremdung

Die mit der Existenz des Geldes einhergehenden Folgen werden bei Simmel über die Teilung in eine objektive und subjektive Kulturwelt deutlich. Ihm zufolge führt das Geld zu einer Intensivierung des ökonomischen Treibens, in dessen Folge neue Werkzeuge und Technologien geschaffen werden, die zum Voranschreiten der objektiven Kulturwelt beitragen. Im Kontrast dazu lässt sich die subjektive Kulturwelt, die als Begriff das Interpretationsvermögen der Menschen, ihr Verständnis der philosophischen Zusammenhänge und ihre Erlebensperspektive reflektiert, nicht gleichermaßen beschleunigen. Um den drohenden Missstand zu erläutern, gibt Simmel drei Beziehungsebenen an, auf die Geld Einfluss ausübt: die von Mensch zu Mitmensch, von Mensch zu Sachgut und von Mensch zum eigenen Wertesystem. Spannend ist, dass sich auf diesen Ebenen die Vorteile für die objektive Kulturwelt mit den Nachteilen der subjektive Kulturwelt kontrastieren lassen.

Geld beeinflusst zwischenmenschliche Beziehungen

Im Hinblick auf die Vorzüge, die das Geld im zwischenmenschlichen Bereich im Hinblick auf die objektive Kulturwelt mit sich bringt, stellt Simmel fest:

„Je mehr Menschen miteinander in Beziehung treten, desto abstrakter und allgemeingültiger muß ihr Tauschmittel sein; und umgekehrt, ist erst einmal ein solches geschaffen, so gestattet es eine Verständigung auf sonst unzugängliche Entfernung hin, eine Einbeziehung der allermannigfaltigsten Persönlichkeiten in die gleiche Aktion, eine Wechselwirkung und damit Vereinheitlichung von Menschen, die wegen ihres räumlichen, sozialen, personalen und sonstigen Interessenabstandes in garkeine andere Gruppierung zu bringen wären“

Georg Simmel: Philosophie des Geldes (1900), Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2006, S.470.

Hier zeigt sich, dass Geld als kleinster Nenner gemeinsamen Interesses interpretiert werden kann, aus dessen Existenz sich verbesserte Kooperationsmöglichkeiten ergeben. Mit Simmel folgt durch diese Vereinheitlichung der Menschen eine Verdichtung und Intensivierung der Handelsverflechtungen und Arbeitsteilungen. Insbesondere können Freiheiten und Wohlstand folgen. Es gibt aber eine Kehrseite der Medaille, die sich in der subjektiven Erlebenswelt zeigt.

„Das Geld […] schafft zwar Beziehungen zwischen Menschen, aber es lässt die Menschen außerhalb derselben, es ist das genaue Äquivalent für sachliche Leistungen, aber ein sehr inadäquates für das Individuelle und Personale an ihnen“

Georg Simmel: Philosophie des Geldes (1900), Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2006, S. 404.

Das Geld verändert die Art und Weise, inwiefern wir Menschen zur Erfüllung unserer Wünsche aufeinander angewiesen sind. Dabei wird es häufig zum „Maß der Dinge“, persönliche Beziehungen hingegen werden zurückgedrängt. Es schleicht sich die Gefahr einer zwischenmenschlichen Entfremdung ein, teilweise mit weitreichenden Folgen. Moralisches findet beispielsweise weniger Berücksichtigung, wenn über das Geld bereits alles gesagt zu sein scheint.

Die wachsende Kluft zwischen der objektiven und subjektiven Kulturwelt drängt das Geld in den Mittelpunkt

Ökonomisch betrachtet bringt das Geld durchweg Vorteile mit sich. Die gesteigerte Produktion verändert aber auch die subjektive Bedeutung der Güter. Aus ein paar Besitzgegenständen werden zunehmend viele. Es ergeben sich Freiheiten, aber das Verständnis der geschaffenen Dinge verringert sich. Mit Simmels Worten:

„Täglich und von allen Seiten her wird der Schatz der Sachkultur vermehrt, aber nur wie aus weiter Entfernung ihr folgend und in einer nur wenig zu steigernden Beschleunigung kann der individuelle Geist die Formen und Inhalte seiner Bildung erweitern.“

Georg Simmel: Philosophie des Geldes (1900), Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2006, S.621f.

Im Endeffekt, das ist eine der zentralen Botschaften der Philosophie des Geldes, öffnet sich eine Kluft zwischen der voranschreitenden objektiven und der subjektiven Kulturwelt, weil sich das Geld als Katalysator zur Produktion, aber nur kaum zur Ausdifferenzierung der geistigen Perspektive eignet. Der Prozess der Wertbildung (1->2) wird gestört, was Orientierungslosigkeit auslöst. Es droht die Gefahr, dass Geld in seiner Rolle als Mittel aller Mittel zunehmend zum Selbstzweck verkommt. Simmel schreibt dazu:

„Die Tatsache, daß immer mehr Dinge für Geld zu haben sind, sowie die damit solidarische, daß es zum zentralen und absoluten Wert auswächst, hat zur Folge, daß die Dinge schließlich nur noch so weit gelten, wie sie Geld kosten, und daß die Wertqualität, mit der wir sie empfinden, nur als eine Funktion des Mehr oder Weniger ihres Geldpreises erscheint.“

Georg Simmel: Philosophie des Geldes (1900), Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2006, S.361.

Er nennt die Steigerung dieses Phänomen, bei der das Geld schlussendlich zum Selbstzweck verkommt und lediglich dem Ziel dient, angehäuft zu werden, Mammonismus.

Eine veränderte Perspektive auf digitales Geld

Im Zeitalter der Digitalisierung scheint das Geld als objektives Kulturgut selbst in den Strudel beschleunigter Innovationen geraten zu sein. Ein gänzlich immaterielles und doch werttragendes Tauschobjekt kann befremdlich wirken. Über Simmels nominalistische Werttheorie wird allerdings nachvollziehbar, dass es nicht wichtig ist, welcher Stoff als Geldmittel genutzt wird. Ob Kauri-Muschel, Geldschein, oder Zigarette; es ist Geld, solange es das genannte Funktionsportfolio abdeckt und über einen Tauschprozess (2) einen symbolischen Wert zugeschrieben bekommt.3Der abduktive Schluss: „If it looks like a duck, swims like a duck, and quacks like a duck, then it probably is a duck” findet bezogen auf das Geld wegen dessen selbstreferenziellen Wertzuschreibung überraschend sinnvoll Anwendung. Das gilt auch für digitales Geld.

Möglicherweise erfordert die Existenz der Token es, Wertsymbolisierung und ihre Konsequenzen neu zu denken. Versteht man digitales Geld nicht als „Coin“ (Münze) sondern als „Token“ (Zeichen), zeigt sich, dass es als digitales Wertsymbol anders funktioniert als bloß abzählbar zu sein.

Zunächst ist es möglich, digitales Geld mittels der Einbettung in den IT-Kosmos in Programmcode zu integrieren, wodurch gänzlich neue Geschäftsmodelle erschlossen werden könnten. Die resultierende Ausweitung der Innovations- und Produktionsmöglichkeiten können als weitere Beschleunigung der objektiven Kulturwelt gedeutet werden und würden so eine Verschärfung der von Simmel dargestellten Entfremdungserscheinungen androhen.

Auf der anderen Seite scheint es möglich, die subjektive Erlebensperspektive in die digitalen Werteinheiten zu integrieren, da diese zusätzlich Bilder, Töne und Text speichern könnten. Im Handelsprozess könnten darüber zusätzliche Informationen und Restriktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Anders als bei Simmel wäre der Einzelne dann bei der Wertorientierung der Dinge am Markt (2->1) weniger mit dem Preis als wertabbildendes Symbol allein. Luhmann schreibt zu den Auswirkungen des Informationsverlust materiellen Geldes:

„Weder brauchen die Bedürfnisse oder Wünsche, die man über Geldzahlungen befriedigen kann, besonders erläutert oder begründet zu werden, noch gibt der Zahlende über die Herkunft des Geldes Aufschluss. Insofern wirkt die Geldform sozial destabilisierend, sie kappt kommunikativ mögliche Bindungen […]. Dieser Informationsverlust verstärkt sich nochmals auf der Ebene derjenigigen Konditionierungen, die als „Preise“ allgemein festgesetzt sind; denn solche Preise geben nicht einmal darüber Auskunft, ob und wie häufig zu diesem Preis tatsächlich Zahlungen erfolgt sind.“

Niklas Luhmann: Die Wirtschaft der Gesellschaft (1988), Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2019, S.18f.

Als spezifische Repräsentation einzelner Objekte, aber auch in seiner numerischen Form könnte digitales Geld hier weitere Informationen liefern. Luhmann unterstreicht aber auch, dass jener Informationsverlust eine Bedingung der ausdifferenzierten Wirtschaft ist und zu einem diskriminierungsfreien Wirtschaften führt. Mit dem Internet als zusätzlicher Vernetzungsmöglichkeit und digitalen Token als digitalen Wertsymbolen scheint es möglich, das Monopol der Wertsymbolisierung klassischen Geldes aufzubrechen, über parallele Wertdarstellungen die Freiheiten der Handelsmöglichkeiten aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die soziale Komponente in das Kalkül zurückzuholen.

Die gesellschaftlichen Implikationen digitalen Geldes sollten nicht unterschätzt werden, insbesondere auch da die mit den Möglichkeiten digitaler Werteinheiten zusammenhängenden Missbrauchsgefahren die Kehrseite derselben Medaille sind. Das Spannungsfeld aus Freiheit und Entfremdung bleibt auch beim digitalen Geld besorgt zu beachten.

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  • 1
    Vgl. Niklas Luhmann: Die Wirtschaft der Gesellschaft (1988), Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2019, S. 17f.)
  • 2
    Vgl. Geld und Geldpolitik. 1.2 Funktionen des Geldes, Europäische Zentralbank: https://www.geld-und-geldpolitik.de/funktionen-und-formen-des-geldes-kapitel-1.html
  • 3
    Der abduktive Schluss: „If it looks like a duck, swims like a duck, and quacks like a duck, then it probably is a duck” findet bezogen auf das Geld wegen dessen selbstreferenziellen Wertzuschreibung überraschend sinnvoll Anwendung.