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    Autor: Erik Meyer eFin-Blog Farbe: gelb

    Finanzplatz mit Finanzierungsproblem: Ein Zeichen für den Euro?

    Bargeld verflüchtigt sich zunehmend in digitalen Zahlungsmitteln und -verfahren. Wie viel wen da die symbolische Vergegenständlichung einer Währung im öffentlichen Raum kosten darf, wurde in Frankfurt verhandelt.

    Finanzplatz mit Finanzierungsproblem: Ein Zeichen für den Euro?

    Ein Beitrag von Erik Meyer

    vom 22. Mai 2022

    Bargeld verflüchtigt sich zunehmend in digitalen Zahlungsmitteln und -verfahren. Wie viel wen da die symbolische Vergegenständlichung einer Währung im öffentlichen Raum kosten darf, wurde in Frankfurt verhandelt.

    Sie ist ein urbanes Symbol: die 14 Meter hohe Euro-Skulptur, die in der Frankfurter Innenstadt steht. Aufgestellt wurde das Werk des Künstlers Ottmar Hörl zur Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung zum Jahreswechsel 2001/2002 vom Frankfurter Kultur Komitee.1Zu dessen Informationen zur Euro-Skulptur geht es hier». Damals war das 50 Tonnen schwere Leuchtobjekt noch in der Nachbarschaft der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelt (siehe Gebäude rechts im Foto), die inzwischen in einen spektakulären Neubau am Main umgezogen ist. Ungeachtet dessen erfreut sich das überdimensionale Euro-Zeichen einiger Beliebtheit. Es dient nicht nur als Foto-Motiv für internationale Stadttourist:innen, sondern auch als Ort öffentlicher Auseinandersetzungen, etwa als die Occupy Wall Street-Bewegung dort ein Protest-Camp aufschlug.

    Das Euro-Zeichen von Ottmar Hörl vor dem ehemaligen Gebäude der Europäischen Zentralbank (rechts).

    Doch die Popularität hat ihren Preis: 200.000 € werden jährlich für Instandhaltung und Betrieb des blau-gelben Leuchtkörpers veranschlagt. Diese Summe konnte der gemeinnützige Verein aber nicht mehr ohne Weiteres aufbringen: Während der Vandalismus zunehme, so war zu hören, seien Sponsor:innen-Gelder weniger geworden. Denn das Monument löst ganz unterschiedliche Emotionen aus: Die einen halten es für „Kult” und votieren für den Erhalt,2Siehe auch das Voting der Hessenschau hier». die anderen kommentieren etwa unter einem betreffenden Zeitungsartikel, es gehöre wie der Euro selbst auf den „Müllhaufen der Weltgeschichte”3Köhler, Manfred: Euro-Skulptur in Frankfurt kann vielleicht bleiben» (FAZ, 12.08.2022)..

    Die Veröffentlichung der Misere und die Rede von einer baldigen Versteigerung des Objekts führte zu einer politischen Diskussion. Die Stadt Frankfurt sah sich jedenfalls nicht in der Lage, den vakanten Betrag alleine zu übernehmen; das gäbe die Haushaltslage nicht her. Und so stand im Raum, dass sich außer der Kommune noch die EZB und das hessische Finanzministerium an der Finanzierung beteiligen sollen. Auch die FDP im zuständigen Ortsbeirat 1 wollte den Verlust des Wahrzeichens für die Europastadt Frankfurt verhindern, vertrat aber ein Crowdsourcing-Modell: „Aufgrund der angespannten Haushaltssituation der Stadt sollten jedoch städtische Mittel geschont werden; vielmehr sollte der Magistrat seine Kontakte in die der Skulptur thematisch nahestehende Finanzbranche nutzen. Bei über 200 in Frankfurt ansässigen Banken wäre die Finanzierung schon nachhaltig gesichert, wenn jede Bank im Durchschnitt nur 1.000 Euro beisteuert.”4Antrag der FDP im Ortsbeirat 1 vom 19.08.2022, OF 533/1». Eine hübsche Idee, die Geschäftsbanken und Gemeinsinn an der Graswurzel packen wollte.

    Doch so kam es nicht: An Stelle alteingesessener und ehrwürdiger Institute hat ein in Frankfurt präsentes Finanz-Startup zugesagt, die Kosten für die nächsten fünf Jahre zu übernehmen. Unter dem Namen Caiz Coin wird von diesem ein islam-konformer Kryptowert entwickelt. Dieses Islamic-Finance-Projekt verbindet nun sein Logo inklusive muslimischer Mondsichel (Hilal) vor Ort mit dem Euro-Zeichen und feiert dies als Mega-Marketing-Move. Ob in Zeiten kollabierender Kryptobörsen fünf Jahre hier eine realistische Förderdauer ist, bleibt allerdings abzuwarten. 2027 könnte dann aber auch ein Digitaler Euro in den Startlöchern stehen und die EZB an einer lebensweltlich-symbolischen Verankerung von digitalem Zentralbankgeld interessiert sein.

    Update vom 2.6.2023:

    Nach der Insolvenz des gefundenen Sponsors ist die Zukunft der Euro-Skulptur wieder ungewiss, meldet die FAZ im Artikel Symbol des Finanzplatzes : Euro-Skulptur droht Versteigerung».


    Erik Meyer
    ist Mitarbeiter im Diskursprojekt eFin & Demokratie, promovierter Politikwissenschafter und beschäftigt sich als Autor u.a. in seinem Blog Memorama» mit Aspekten politischer Kommunikation in der digitalen Gesellschaft.

  • ÜBER DEN BLOG
    Im Diskursprojekt eFin & Demokratie» beobachten und diskutieren wir den digitalen Wandel in Sachen „Geld“. Das Finanz- und Staatswesen wird davon ebenso erfasst wie unser aller Alltag und Miteinander. Unser Blog versucht, die Umwälzungen zu verstehen und die Debatte zu fördern - auch als Teil unserer Demokratie. Es schreiben Mitarbeiter:innen des Projekts und Gäste in freier und diverser Form darüber, was sie lernen und erforschen, was sie beunruhigt und was sie fasziniert. Wir freuen uns über Kommentare unter efin@zevedi.de.