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    Autor: Petra Gehring Coinzeit 3000 eFin-Blog Farbe: gelb

    Coinzeit 3000 #3: „Blockchainisierung“

    An sich was Schönes: Substantive, die Verläufe ausdrücken. Aber hilft „Blockchainisierung“ dabei, um den Vorgang zu verstehen? Und ist zweitens auch nur annähernd mitgesagt, dass die ganze Sache einigermaßen komplex ist?

    Ein Beitrag von Petra Gehring

    vom 17. Juli 2023

    An sich was Schönes: Substantive, die Verläufe ausdrücken. Mehrmals ist mir inzwischen aber das Wort „Blockchainisierung“ untergekommen. Zuletzt (mehrmals) in Blogs der DZ-Bank (auch etwa de la Rubia 2022 und dazu Coinzeit 3000 #). Als ob „Tokenisierung“ nicht schon schlimm genug wäre. Vom Sprachmix mal abgesehen: Man mag sich ja gern vorstellen, dass alles „auf die Blockchain“ soll – so wie auf den Herd, aufs Gleis, auf die Schiene. Ratzfatz. Fertig. Läuft.

    Hilft „Blockchainisierung“ aber erstens, um den Vorgang zu verstehen? Und ist zweitens auch nur annähernd mitgesagt, dass die ganze Sache einigermaßen komplex ist? Dass da ‚etwas dranhängt‘, um es mal so vage zu sagen? Zum Beispiel könnte es sich ja doch um eine verdammt aufwendige technologische Veränderung handeln. Vom Alltag der (etwa im Bereich der DZ-Bank, es handelt sich um eine Dachorganisation der Volks- und Raiffeisenbanken) betroffenen Kundinnen und Kunden mal ganz abgesehen.

    Schon „Digitalisierung“ hat sich als eine ziemlich schlechte, große Schachtel erwiesen: ein Wort, das nahelegt, man stelle Softwarelösungen einfach hin, und dann klappe das schon. Klassischer Fehler: Technik als Magie. Neue Technologien sind zumeist aber weder „einfach“ noch „eines“. Wo die Politik sich den digitalen Wandel so vorstellt, das wissen wir längst, tritt sie ratlos auf der Stelle. Wirtschaft und Verwaltung kennen das Problem. Nenne es Change Management. Nenne es: Wo ist der CIO? Nenne es: Wer kann Admin? Von der Frage, was sich für wen wie rechnet, ganz abgesehen.

    Zurück zur „Blockchainisierung“ – ich sage mal so: Will eine Bank mit der Zivilgesellschaft reden, schiene mir eine weniger kompakte Ausdrucksweise hilfreich. Denn mal abgesehen von der falschen Suggestion, alles ginge „mal eben“ (und sehr schnell): Ist gemeint, dass es viele Blockchains geben wird, jedes Unternehmen irgendwann „seine“ hat? Oder wird es neue Intermediäre geben, die als technische Betreiber parallel zum ersten eine Art zweites Internet konstruieren? Oder sind es die „alten“? Du willst ein DAO eröffnen, Du willst überhaupt blockchainisieren? Dann komm auf die Google-Blockchain, Baby …!

    Vor allem aber sind es ja die Regeln auf der Chain, die das Gesicht einer künftigen „Blockchainisierung“ prägen werden. Und da ist, möchte man meinen, doch noch so einiges offen. Während die optimistischen Seelen die Inklusion und die Demokratisierung loben, die dank der neuen Technologie möglich sein soll, warnen die anderen in der Hauptsache vor den Energiekosten und damit den ökologischen Folgen. Leider benötigt die neue Technologie Strom – das hat sich herumgesprochen

    Was, wenn sich jedoch weder das eine noch das andere in einigen Jahren als Haupteffekt der „Blockchainisierung“ erweisen wird? Oder wenn sie ausbleibt, weil ein ganz anderer Prozess die Nase vorn hat? Man ist geneigt, ein altes Bonmot abzuwandeln: Prognosen zu Verläufen sind schwierig vorauszusagen, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.

    DZ Bank-Blog: „Blockchainisierung“ des Euro (22.6.2018) https://dzresearchblog.dzbank.de/content/dzresearch/de/2018/06/22/blockchainisierung-des-euro.html [17.7.2023].

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    Petra Gehring
    ist Professorin für Philosophie an der TU Darmstadt, hat daneben Politik und Recht studiert, publiziert zu „digitalen" wie auch anderen Themen und leitet ZEVEDI ebenso wie das Diskursprojekt eFin & Demokratie.

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